OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Die unglamouröseste Rolle ihrer bisherigen Karriere spielte Cameron Diaz in Spike Jonzes bizarrer Komödie „Being John Malkovich“. Als Lotte, die in einer Tierhandlung arbeitende Frau des erfolglosen Puppenspielers Craig Schwartz (John Cusack), ist sie kaum wiederzuerkennen: Mit lockigen braunen Haaren, ohne Make-up und im unvorteilhaften Schlabber-Look scheint Lotte modisch komplett in den selbstgestrickten Frühsiebzigern hängen geblieben zu sein. Mit Erotik ist im Hause Schwartz zunächst auch nicht viel los: Da nimmt Lotte allemal lieber ihren traumatisierten Schimpansen als den Gatten mit ins Bett, später dann träumt sie von einer Geschlechtsumwandlung, weil sie sich in eine Frau verliebt hat. Tatsächlich ist das, was sich Drehbuchautor Charlie Kaufman hier an Bizarrem ausgedacht hat, noch viel komplizierter: Craig hat bei seinem neuen Day-Job als Archivhilfskraft im siebeneinhalbten Stock eines Bürogebäudes hinter einem Aktenschrank nämlich einen Zugang zum Kopf des berühmten Schauspielers John Malkovich entdeckt, und alle möglichen Leute unternehmen plötzlich einen Trip durch dessen Bewusstsein. Der Humor des Films beruht dabei auf der Kontrastierung der tragisch-ernsten Probleme seiner Protagonisten mit der völlig absurden Ausgangsidee: Sexuelle Verwirrungen und heftige Intrigen nehmen ihren Lauf, Karrieren, ewiges Leben und Imagefragen werden erörtert – bis schließlich auch Malkovich selbst die Reise ins eigene Ich antritt – um dort ausschließlich auf lauter Malkovichs zu treffen, die nur eine einzige Äußerung kennen: „Malkovichmalkovichmalkovich…“ (OmU, 28./30. 11., Arsenal)

Der Appeal von Audrey Hepburn bestand in ihrer speziellen Mischung aus Mädchenhaftigkeit und Kapriziosität. Das zeigt auch Blake Edwards’ leicht bittere Komödie „Breakfast at Tiffany’s“ einmal mehr, in der sie als von Männern ausgehaltenes Party-Girl den verschütteten Kern des einfachen Mädchens von nebenan wieder freilegen muss. Dazu gibt’s Mancinis „Moon River“ und den großen Mickey Rooney in einer absurden Vorstellung als aufgebrachter Japaner. (27. 11., Astor Film Lounge)

Eine andere Art von Erotik lässt sich in den Filmen von Veit Harlan entdecken, wo Szenen totaler Künstlichkeit ihren Widerpart in mit großem Gespür für Landschaft gefilmten Naturdarstellungen finden. Dieser Begeisterung für das Natürliche entsprach auch die Erotik seiner Gattin und Hauptdarstellerin Kristina Söderbaum, die stets sehr frisch, feminin und naiv wirkte. In dem Dreiecksmelodram „Opfergang“ (1942/44) ist sie zudem äußerst aktiv und lebenslustig, so dass die – in der Nazizeit immer beliebte – Geschichte von Pflichterfüllung und Opfer hier nicht aufgeht: Das nominelle Happy End hat Albrecht (Carl Raddatz) mit seiner Gattin, der kühlen Hanseatin Octavia (Irene von Meyendorff), doch der Film hat die Skandinavierin Äls (Söderbaum) als die so viel faszinierendere (und erotischere) Frau gezeichnet, dass völlig klar ist: Albrecht wird sie nie vergessen können. (24. 11., Filmmuseum Potsdam) LARS PENNING