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: „F“ wie Furtwängler

Die erotischste TV-Kommissarin? Wohl eher das größte journalistische Tabu: Über „Tatort“-Schauspielerin Maria Furtwängler wagt kaum einer, etwas Schlechtes zu schreiben – ihr Mann ist einer der einflussreichsten Verleger im Land. Doch nun hat sich ausgerechnet „Park Avenue“ aus der Deckung getraut.

Dass Maria Furtwängler keine begnadete Schauspielerin ist, sieht man immer dann, wenn sie nicht die „Tatort“-Kommissarin Charlotte Lindholm spielt: Es ist immer Charlotte Lindholm, die der Zuschauer bekommt. Egal, wofür Maria Furtwängler in den letzten Jahren besetzt wurde. Wenn man jemanden aus der Fernsehszene fragt, wie es sein könne, dass niemand ihre mangelnde Schauspielkunst benennt, bekommt man eine klare Antwort: Die haben alle Angst, dass sie noch mal einen Job brauchen. In Hubert Burdas Verlagsimperium vielleicht oder bei einem seiner Freunde. Maria Furtwängler ist Hubert Burdas Frau.

Gruner + Jahrs Lifestyle-Objekt Park Avenue, das mit dem Konzept „ein Telefonbuch ist genug, um Chefredakteur zu sein“ scheiterte, hat in seiner aktuellen Ausgabe Maria Furtwängler auf dem Titel. Da der ursprüngliche Telefonbuchinhaber Alexander von Schönburg im Impressum nunmehr unter „ferner liefen“ läuft, hat wohl ein Praktikant ins Örtliche geguckt und unter „F“ die Furtwänglerin entdeckt, von der die Öffentlichkeit nie so genau weiß, ob sie nun Burda, Lindholm oder Furtwängler heißt – sie hat stets dasselbe Gesicht.

Weil Park Avenue gern Vanity Fair wäre, ist klar: Mit ein paar schönen Bildern und einem Blick durch die rosarote Brille auf das flirrende Leben der Schauspielerin, die als Ärztin auch Verwundete behandeln kann, ist es nicht getan. Es bedarf eines Furchtlosen, der so weit über den Dingen steht, dass ein wenig Wahrheitsbenennung ihm nichts anhaben kann. Dass dies ein Mann sein müsse, wird auch schnell klar gewesen sein. Was Frauen an der Furtwänglerin nicht mögen, wirkt auf Männer erotisch.

Mann wählte Michael Jürgs aus, den ehemaligen Stern-Chefredakteur, der sich in den letzten Jahren als Biograf (u. a. Springer, Grass) verdient gemacht hat. Und wenn es sich auch an mancher Stelle liest, als gäbe es eine Absprache zwischen der Verlegergattin und G+J, welche Imagekorrekturen in diesem Artikel stattzufinden hätten (dass Furtwängler Bundespräsidentengattin Eva Köhler auf einer Gala nicht erkannt hat, wird umgedeutet zum sympathischen Malheur), so deutet Jürgs doch alles an, was sich sonst niemand zu schreiben traut. Dass sie nicht gut spielen könne, dass sie arrogant, ihre Ehe „on the rocks“ sei. Dass sie mit ihren ständigen Regie-Einfällen die „Tatort“-Crew an die Grenzen bringt und diese nur durchsetzen kann, weil sie ist, wer sie ist, wird indes auch von Altmeister Jürgs als tolles Einbringen in den kreativen Prozess verkauft.

Dennoch zeigt sich, dass Park Avenue gut daran tut, Journalisten einzuspannen, die es sich nur bedingt leisten können, geschmeidige Artikel zu veröffentlichen. Vielleicht liegt – einen Schritt weiter gedacht – darin die Zukunft des klassischen Journalismus: die Alten zu beschäftigen, die, die bald ins Gras beißen werden und nichts mehr zu verlieren haben. Sie können es sich leisten, die Wahrheit zumindest anzudeuten. Silke Burmester