Neues Bremer Käseblatt

Die „Neue Bremer Zeitung“ hat ihren publizistischen Anspruch aufgegeben – schon vor der ersten Ausgabe

Dies ist eine traurige Geschichte. Sie handelt von der Gründung einer Zeitung, die auch den Untergang der Idee von einer Zeitung bedeutet: Als der Journalist Alexander Schnackenburg im Herbst 2005 für den Titel Neue Bremer Zeitung Schutz in allen Schreibweisen und Darstellungsformen für alle Medien anmeldete, plante er noch eine genossenschaftlich getragene Wochenzeitung, „kritischer als die Tagespresse“ und „für alle politischen Richtungen offen“.

Drei Jahre später ist nun die erste Ausgabe erschienen, und was Anspruch und Inhalt angeht, liefert das örtliche Partyportal citybeat.de die treffendste Umschreibung: Die Neue Bremer Zeitung nennt es ein „14-Tage-Blatt für Besserverdiener“. Denn von den 15.000 Exemplaren der Startauflage werden 13.000 in Bremens edleren Bezirken gratis in die Briefkästen gestopft. Die übrigen 2.000 sollen an Kiosken ihre Käufer finden – zum Preis von 1,90 Euro. Das ist viel Geld für 20 Seiten mit Beiträgen, die so handzahm wirken, als sollten sie einer erfolgreichen Anzeigen-Akquise das Feld bereiten. Und deren Themenspektrum dem lokalen Angebot aus Radio Bremen, Weserkurier, den Bremer Seiten von taz und Bild sowie zweier Anzeigenblätter nichts Relevantes hinzufügt.

Achselzuckend zur Kenntnis nehmen ließe sich das, wären Schnackenburgs idealistische Absichten nicht so glaubwürdig gewesen. Einst war er einer der Lieblingsschreiber der Feuilletonredaktion des Weserkurier, fiel dort aber wegen pointierter Verrisse in Ungnade. Als freier Journalist mit dem Bann der Chefetage belegt, bekam er ein sicher geglaubtes Volontariat beim Beinahe-Monopolisten nicht. Der 36 Jahre alte Familienvater hielt sich mit Zeilengeld über Wasser, putzte Klinken und rödelte lange für seinen publizistischen Traum. Bloß Geldgeber fürs Projekt fand er keine.

Dann hat er sich mit Carsten Borgmeier eingelassen. Dessen Wahlspruch lautet, von Erfolg könne man entweder träumen „oder ihn machen“. Seine Borgmeier Media Gruppe ist gut im PR-Geschäft etabliert. Ihr publizistisches Profil charakterisieren Titel wie Sign – das Monatsmagazin für Entscheider der Pornobranche – und knallbunte Gratisheftchen für die Städte der Metropolregion: Sie heißen beispielsweise DELdorado – in Delmenhorst – oder BREMborium und, ja, verglichen damit ist die NBZ noch immer ein edles Pferd im Stall.

Zum Feiern war den Machern trotzdem nicht zumute. Eine Releaseparty gab es nicht. Dass er seine Ansprüche und Träume aufgegeben habe, bestreitet Schnackenburg. Als Beispiel für den kritischen Ton seines Produkts führt er eine Glosse über den PR-Slogan des örtlichen Musikfestes an. „Das ist doch ein kritischer Text“, sagt er. BES