Bloß nix vom Discounter!

HENRI-NANNEN-PREIS Weil der Lidl-Skandal hinten runterfällt, gibt es Stunk in den Jurys

Heute Abend wird in Hamburg der Henri-Nannen-Preis verlieren – und wie schon im Vorjahr rumort es heftig im Gebälk. Das liegt aber nicht am merkwürdig trashigen Trailer auf der Nannen-Preis-Homepage, obwohl der in seiner Celebrity-verliebten Glamour-Peppigkeit eher zu bunten Bambis als zum „wichtigsten seriösen Journalistenpreis“ (Uli Wickert) passt. Es geht wie schon 2008 um die Königsdiziplin des Journalismus: die investigative Recherche.

Da hatte die Vorjury – man ist beinahe versucht zu sagen: selbstverständlich – die Enthüllungen von Markus Grill und Malte Arnsperger über die Lidl-Mitarbeiter-Bespitzelung im Stern („Die Lidl-Stasi“, 27. März 2008) ganz hoch platziert. Schließlich hat der Skandal für erhöhte Aufmerksamkeit über den Umgang von Unternehmen mit MitarbeiterInnen und ihren Daten gesorgt und diverse Folgegeschichten angeregt. Doch nun hat die Hauptjury, die das letzte Wort hat, die Lidl-Nominierung ignoriert.

Hinter den Kulissen kocht es: Viele Mitglieder der Vorjurys haben bei der Hauptjury protestiert; Juroren, die gegen Lidl waren, fühlen sich unter Druck gesetzt. Die Entscheidung soll denkbar knapp gewesen sein, nominiert sind nun neben einer Geschichte über wie Drückerkolonnen auftretende Banker (Wirtschaftswoche) und die Telekom-Bespitzelaffäre (Spiegel) eine Lokalposse über den Leiter des Hamburger Tierschutzvereins (Hamburger Abendblatt).

Besonders absurd wird das Ganze, wenn man sich daran erinnert, dass sich bei der letzten Nannen-Preis-Verleihung im Mai 2008 alle darin einig waren, dass ein Favorit für dieses Jahr schon gesetzt sei: der Lidl-Skandal.

Offiziell mag sich niemand zur Sache äußern. Aber die Jury hat – zumindest theoretisch – ja noch bis heute Abend Zeit. STG