Hitchcock, ein Psycho

Seit mehr als zehn Jahren sendet das Erste seine „Legenden“, einer der routinierten Autoren der Reihe ist Michael Strauven. Besonders gerne porträtiert er die großen Filmemacher, heute den ganz großen Alfred Hitchcock. Dabei baut Strauven eine merkwürdige Spannung auf: Erst macht ein undistanziert-vertraulicher Tonfall („Wenn der brave Alfred nach Hause kam …“) den Zuschauer glauben, es handle sich um eine liebevolle Hommage an „Hitch“ – um diesen dann anschließend als sexuell frustrierten Lüstling zu entlarven, der seinen weiblichen Hauptdarstellerinnen notorisch an die Wäsche geht. Welch glückliche Fügung, dass einer der befragten Zeugen die psychologisch versierte Erklärung parat hat: „Es ist kaum möglich, ein großer Künstler zu sein ohne eine verstörte, gequälte Seele.“

Eine wertvolle Erkenntnis, die darüber hinwegtrösten muss, dass andere spannende(re) Fragen offen bleiben. Etwa die, wie es eigentlich passieren konnte, dass ausgerechnet ein vielfacher Millionär und nach Popularität Gierender für die Regisseure von der Nouvelle Vague zum Inbegriff des Filmautors werden konnte. Oder auch, warum der in L. A. am Großen Ozean wohnhafte Hobbykoch Hitchcock seinen Enkelinnen „frischen Fisch – extra eingeflogen aus England“ servierte. JENS MÜLLER

■ 21.00 Uhr, ARD, „Legenden – Alfred Hitchcock“