Bayern-TV bleibt filzig

MEDIENKONTROLLE Auch der von der BLM favorisierte neue Lizenznehmer steht unter Korruptionsverdacht

Die Entscheidung hat so viel Beigeschmack, dass sich selbst in Bayerns Regierungskoalition Protest regt

Ein Neuanfang sieht anders aus. Der von einer Korruptionsaffäre erschütterte Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien (BLM) vergibt heute eine neue Lizenz für ein umstrittenes regionales Programmfenster auf RTL und Sat.1. Die alten Betreiber hatten die Filzaffäre ausgelöst. Nun soll die Lizenz an ein Konsortium um den fränkischen Medienunternehmer Gunther Oschmann gehen. Das ist gewagt: Oschmann steht selbst unter Korruptionsverdacht.

Der CSU-Politiker und damalige Chef des Medienrats, des obersten Gremiums der BLM, Klaus Kopka, hatte private Kredite über 215.000 Euro von einem Gesellschafter der Firma Camp TV angenommen. Camp TV produzierte jahrelang das „Bayern Journal“, ein Programmfenster am Wochenende, das aufreizend positiv über manche Produkte und Firmen berichtete. Dem völlig offensichtlichen Schleichwerbeverdacht ging die BLM nie besonders engagiert nach. Bis die Zeitungen über Kopkas Kredite berichteten. Die BLM schrieb die Lizenz für das „Bayern Journal“ neu aus und schickte Camp TV vor wenigen Wochen einen Bußgeldbescheid über 100.000 Euro – wegen Schleichwerbung.

Doch Kopka hatte auch andere Geldgeber. Der bayerische Lokalrundfunkgigant Gunther Oschmann lieh Kopka vor wenigen Jahren 30.000 Euro, wie die BLM bestätigte. Weil Kopka da nicht mehr Medienratschef war, verfolgte die BLM den Korruptionsverdacht nicht. Oschmann behauptete, er habe „Hilfe für einen Menschen in Not“ geleistet.

Von solchen Geschäften steht in der 18-seitigen Vorlage der BLM für die Medienräte nichts. Dafür findet sich am Ende eine Beschlussempfehlung zum Abnicken. Am Samstag soll demnach auf Sat.1 in Zukunft ein ähnliches Regionalprogramm laufen wie wochentags. Am Sonntag gibt es auf RTL das neue Fenster „TV Bayern live“. Produziert wird es von alten Bekannten. Der größte Anteilseigner in dem Konsortium ist die Familie Oschmann. Es ist eine Entscheidung mit so viel Beigeschmack, dass sich selbst in Bayerns Regierungskoalition Protest regt.

„Ich werde da nicht mitgehen“, droht Tobias Thalhammer, der FDP-Vertreter im Medienrat. „Es gab zwei Kreditgeber an Kopka. Den einen hat man bestraft. Dann darf man den zweiten nicht belohnen.“ Es habe auch Vermutungen gegeben, bei Oschmanns Darlehen habe es sich um eine nachträgliche Gefälligkeit an den Medienrat Kopka gehandelt, sagt Thalhammer.

„Es ist sehr fragwürdig, was da passiert“, meint Ulrike Gote von den Grünen. Der Zuschlag für Oschmann fördere die Medienkonzentration und sein Kredit sei „zumindest ein Hinweis auf seine Seriosität als Unternehmer“. Markus Rinderspacher von der SPD meint dagegen, die Entscheidung für Oschmann sei „noch darstellbar“. Im Sommer hatte Rinderspacher vehement den Rücktritt von BLM-Chef Wolf-Dieter Ring gefordert. Heute nimmt er das zurück. „Herr Ring hat nicht die falschen Weichen gestellt“, meint Rinderspacher. Das neue Modell für das Wochenendfenster garantiere immerhin Stabilität.

Die ist auch nötig. Denn die bayerische Sonderregelung des regionalen TV-Fensters am Wochenende könnte bald kippen. Vor allem Sat.1 will das teure Fremdprogramm möglichst schnell loswerden und hat beim Münchner Verwaltungsgericht Klage eingereicht.

Auch ein anderer Beteiligter möchte vor Gericht ziehen: Ralph Piller, Gesellschafter bei Camp TV. Sein verstorbener Geschäftspartner Ralph Burkei, früher einmal Schatzmeister der Münchner CSU, hatte die Kredite an Kopka gezahlt. Piller will damit nichts zu tun gehabt haben. Sein Anwalt Michael Scheele hat einen Eilantrag gegen die BLM eingereicht. Scheele sagt: Die Neuvergabe der Lizenz komme einer Enteignung gleich. „Sie ist nur der Tatsache zu verdanken, dass Herr Piller nicht in der CSU ist.“ BERNHARD HÜBNER