Noch ein SVP-Kampfblatt

SCHWEIZ Die konservativen Besitzer der „Basler Zeitung“ tauschen handstreichartig die Redaktionsleitung aus. Neuer Chefredakteur wird der politisch genehme Markus Somm

„BaZ“-Besitzer Tettamanti hatte zuvor schon die „Weltwoche“ auf einen rechten Kurs gebracht

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

„Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten.“ Wie zutreffend diese Feststellung des konservativen Journalisten und ehemaligen FAZ-Herausgebers Paul Sethe aus dem Jahre 1965 ist, erlebt jetzt auch die bisher liberale und parteiunabhängige Basler Zeitung (BaZ).

Letzte Woche feuerten die beiden Besitzer der bislang noch größten und wichtigsten Tageszeitung der deutschsprachigen Nordwestschweiz, Tito Tettamanti und Martin Wagner, handstreichartig die Redaktionsleitung der BaZ und setzten den bisherigen Weltwoche-Redakteur Markus Somm als neuen Chefredakteur ein. Somm, ein strammer Parteigänger der rechtspopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) des ehemaligen Justizministers Christoph Blocher, solle der bisher vornehmlich lokal und regional ausgerichteten BaZ „zu nationaler Ausstrahlung“ verhelfen, begründeten die beiden Besitzer der Zeitung ihre Personalentscheidung.

Tettamanti, ein steinreicher Finanzmakler aus dem Tessin, hatte erst im Februar dieses Jahres 75 Prozent der BaZ-Anteile gekauft. Der Basler Medienanwalt Wagner erwarb 25 Prozent. Bereits damals wechselten sie die Redaktionsspitze aus, versprachen aber, die journalistische Unabhängigkeit der Zeitung zu respektieren. Diese Zusicherung stieß bei vielen Beobachtern der Schweizer Medienszene auf erhebliches Misstrauen. Denn schon 2002 hatte Tettamanti mit einer ähnlichen Zusage die bis dahin liberale Wochenzeitung Weltwoche gekauft. Doch 2006 reichte er die Zeitung unter bis heute nicht geklärten Umständen an den Journalisten Roger Köppel weiter, der gerade als Chefredakteur von Springers Welt gescheitert war.

Viele Indizien deuten darauf hin, dass der SVP-Politiker Blocher, ein milliardenschwerer Unternehmer, Köppel den Kauf der Weltwoche Tito Tettamantis finanzierte. Köppel wurde in Personalunion Herausgeber und Chefredakteur und machte Somm zu seinem Stellvertreter. Unter beider Leitung verkam die ehemals auch im deutschsprachigen Ausland hoch angesehene Weltwoche zu einem Kampfblatt für die SVP und ihre häufig offen rassistischen Kampagnen gegen Ausländer, Muslime und andere angeblichen Bedrohungen der Schweiz. Somm profilierte sich zudem mit bewundernden Kommentaren und Biografien zu autoritären Männerfiguren wie Blocher oder dem Schweizer Weltkriegsgeneral Henri Guisan. Mit Vorliebe streitet die Weltwoche seit Beginn der Ära Köppel/Somm gegen den vermeintlich „linken“ bzw. „rot-grünen Mainstream“ aller übrigen Schweizer Medien. Heraus kommen dabei aber keine sauber belegten Gegengeschichten, sondern ein schlecht recherchierter, hanebüchener Thesenjournalismus. Wie etwa eine Titelstory, mit der die Weltwoche den Klimawandel infrage zu stellen suchte.

Diese Vorgeschichte Somms führt bei den meisten Beobachtern aus Politik und anderen Medien zu der Befürchtung, dass er die BaZ über kurz oder lang auf den politischen Kurs der Weltwoche trimmen wird. BaZ-Besitzer Wagner versucht diese Befürchtung zu zerstreuen und verspricht, es werde „Meinungspluralismus“ und „kontroverse Debatten“ geben. Doch dieses Versprechen haben er und Tettamanti auch bei der Weltwoche nicht eingehalten. Dort feuerten Chefredakteur Köppel und sein Stellvertreter Somm in kurzer Zeit alle Redaktionsmitglieder, die nicht mit der SVP-frommen Blattlinie übereinstimmten.