STEFFEN GRIMBERG DER WOCHENENDKRIMI
: Biederkeit mit Patina

Dieser „Tatort“ spielt in einer anderen Welt. In einer Welt, in der es für eine anständige Krimihandlung keine organisierten Mafiarussen, Organräuberbanden, Menschenschlepper, Kinderschänder oder sonstige Abgründe braucht, sondern ganz biedere Menschen genügen: Ein Bauunternehmer begeht nach einem schweren Unfall Fahrerflucht, versteht von der Tat abzulenken und wird danach trotzdem von einem Unbekannten erpresst, der es besser weiß. Das reicht dem Buch von Herbert Lichtenfeld schon.

40 Jahre ist „Blechschaden“, der achte „Tatort“ überhaupt, jetzt alt, natürlich liegt eine schwere Patina über dem Film, aber die stört gar nicht. Zum ersten Mal begegnet hier Kommissar Finke (Klaus Schwarzkopf) dem Fernsehpublikum. Er wird noch in sechs weiteren Fällen ermitteln, darunter auch im berühmten „Reifezeugnis“ (1977). Vornamen tun bei Finke noch nicht viel zur Sache, auch im Dienst wird mal ein (kleines) Bier getrunken – nur auf dem platten Land ermittelten TV-Kommissare schon damals nicht so gern.

Nachgeborene lernen viel an diesem „Blechschaden“: Dass der „Tatort“ damals mit 105 Minuten Überlänge haben durfte, die Kommissare kaum über üppige Privatleben verfügten und vor allem nicht ständig alles zuquatschen mussten. Dass Filmmusik keinen immerwährenden Soundteppich meint, sondern schön elektronisch-verzerrt zum Einsatz kommt, wenn es wirklich passt. Wenn der Kommissar in den Wald geht, rauschen hier die Bäume, sonst nichts. Und dass die Wackelkamera keine Dogma-Erfindung ist, sondern in diesem frühen Film des späteren Großregisseurs Wolfgang Petersen souverän dann und wann zum Einsatz kommt. „Blechschaden“ war Petersens erster Finke-„Tatort“, fünf weitere sollten folgen. Doch nur hier spielt der spätere „Schimmi“ Götz George als Bauingenieur Seidel erst seine vernuschelte Schnodderigkeit aus – und ist später eine schöne Leich.

Vintage-„Tatort: Blechschaden“, Sa., 23.40 Uhr, NDR