Junges Theater für junge Leute

Das Festival Kaltstart versammelt den deutschsprachigen Theaternachwuchs – und versucht dabei, auch ein neues Publikum anzusprechen. Aufgeführt werden die Stücke im Haus 73 und in den Clubs rund ums Schulterblatt

Die Klage ist schon recht alt: Immer seltener, lautet sie, gingen junge Leute ins Theater. Noch in den Kinderschuhen steckt dagegen ein Rezept, das jetzt zum dritten Mal im Schanzenviertel angewandt wird: Wenn diese Leute nicht ins Theater gehen, dann muss das Theater eben zu ihnen kommen. Und da die ihre Abende gerne in Clubs verbringen, lauert ihnen genau dort bis zum 20. Juli das Theater auf.

Kaltstart, wie sich das Festival nennt, möchte aber nicht bloß ein junges und neues Publikum ansprechen, sondern zugleich auch eine junge und neue Generation von Theatermachern vorstellen. Ob Schauspieler, Regieassistenten oder Bühnenbildner: Alle Teilnehmenden sind bereits professionell ins Theater eingebunden, machen aber im Betrieb noch ihre ersten Schritte.

Spielort ist wieder das Haus 73, mit einer großen Bühne im oberen Saal und zwei kleineren im Anbau und im Keller. Anders als in den beiden Jahren zuvor, greift das Festival von dort aber mit seinen Fangarmen weit ins Viertel hinaus. So werden diesmal im Uebel & Gefährlich zwei Stücke zu sehen sein, im Fundbureau, im Terrace Hill mit dem Bunkerblick über Hamburg gibt es Autorenlesungen zu hören und im Central Park sind Liederabende geplant.

Insgesamt stehen 60 Produktionen aus den Bereichen Sprechtheater, Performance, Tanz und Musik auf dem Programm. Wild durcheinander finden sich darunter Bühnenadaptionen klassischer Werke wie Büchners Lenz oder Goethes Werther neben eigens für das Festival produzierten Stücken mit so klangvollen Namen wie „The Smell of Stinkefinger“ oder „Inspector Gadget“.

Charmant ist die Idee des „Doppelpacks“. Zwei 20-minütige Stücke werden dabei hintereinander aufgeführt. Einen Bühnenauf- und Umbau gibt es praktisch nicht, so dass im „Doppelpack“ die Aufführungen sich auf das Wesentliche konzentrieren müssen: auf die Schauspielkunst, auf Regie und Dramaturgie.

Für die Zuschauer bietet das Festival damit eine gute Gelegenheit, einen Überblick oder zumindest Einblick zu gewinnen in das junge deutschsprachige Theater. Für die Teilnehmenden, die mitunter aus der Schweiz und Österreich mit ihren Produktionen angereist sind, soll das Festival zudem als Fachmesse dienen, als Ort, an dem man sich trifft, austauscht und, nun ja, Geschäftskontakte oder, wie es neudeutsch heißt, ein paar neue Knoten im Netzwerk knüpft. Schließlich stehen viele der Teilnehmenden noch auf der untersten Sprosse der Karriereleiter.

Das scheint den Theaterleuten, wie sollte es auch anders sein, spielend zu gelingen. Das Haus 73 brummte am Eröffnungsabend vergangenen Donnerstag, zwischen den Stücken sammelte sich das Theatervolk draußen im Garten, scharrte sich drinnen um die Tische. In den Mündern schwillt das Vokabular der Kritik und in den Augen flackert der Wein. MAXIMILIAN PROBST

Einzelticket: neun Euro, ermäßigt sieben Euro. Tagesticket: 18 Euro, ermäßigt elf Euro. Programm unter: www.kaltstart-hamburg.de