Sozialticket kommt – später

Bus und Bahn sollen ab Januar teurer werden, doch für das von Schwarz-Grün versprochene Sozialticket nennt der Senat keinen Termin. Die Monatskarte für Erwachsene kostet künftig 88 Euro

VON KAIJA KUTTER

Unter dem Punkt „Verschiedenes“ kündigte Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) am Mittwoch Abend im Stadtentwicklungsausschuss eine Preiserhöhung beim Hamburger Verkehrsverbund (HVV) von 3,3 Prozent zum 1. Januar an. Für die SPD-Abgeordnete Karin Timmermann kam das überraschend. „Früher wurden wir auch als Opposition in die Verhandlungen mit dem HVV mit einbezogen“, berichtet sie. „Diesmal haben wir keine Vorlage bekommen“. Sie könne nicht nachvollziehen, wie sich die Erhöhung zusammensetzt.

In der Stadtentwicklungsbehörde dagegen wertet man die 3,3 Prozent als Erfolg. „Ursprünglich hatte der HVV 3,9 Prozent beantragt“, sagt Sprecher Enno Isermann. Es sei aber gelungen, die Preiserhöhung um 0,6 Prozentpunkte zu senken. Nötig sei sie wegen steigender Benzin- und Gehaltskosten. „Wir haben seit der vorigen Erhöhung 2007 sogar eine Kostensteigerung von über vier Prozent“, sagt HVV-Sprecherin Gisela Becker. Weil man weiter mehr neue Kunden gewinnen wolle, blieben die Preise für Kurzstrecken gleich.

So kostet die „Nahbereichskarte“ für die Fahrt von Altona zum Hauptbahnhof weiter 1,65 Euro. Die „Großbereichs-Karte“ für längere Fahrten dagegen kostet künftig mit 2,70 Euro zehn Cent mehr. Auch Monatskarten werden teurer. So kostet die Karte, mit der ein Erwachsener sich in der Stadt frei bewegen kann, künftig 88 statt bisher 85 Euro und im Jahresabo 71,50 statt 69 Euro. Die entsprechende CC-Karte, die zu Berufsverkehrszeiten gesperrt ist, kostet künftig 48 Euro und im Jahresabo 39,60 Euro.

Der Verkehrsexpertin Timmermann ist dies zu viel. Früher seien die Preise nur im Zwei-Jahres-Takt um rund drei bis vier Prozent erhöht worden. Nach Konflikten um die vorige Erhöhung von 2007 habe man sich verständigt, die Preise künftig jährlich, dafür aber geringer anzupassen. Timmermann: „Verständlich wären also 1,9 oder 1,6 Prozent, aber nicht 3,3.“

Helfen könnte hier das im schwarz-grünen Koalitionsvertrag vereinbarte Sozialticket. Doch während schon fest steht, dass der Senat die HVV-Erhöhung am 21. Oktober beschließt, gibt es für das Sozialticket keinen Termin. „Ich kann keinen Zeitkorridor nennen“, sagt Sozialbehördensprecherin Jasmin Eisenhut. Man sei noch in Gesprächen.

Die selbe Auskunft bekamen SPD und Linke, als das Thema kürzlich im Sozialausschuss verhandelt wurde. „Es hieß, mit dem Sozialticket werde man sich zu den Haushaltsberatungen befassen“, berichtet Timmermann. Weil diese erst im März abgeschlossen sind, fürchtet sie, dass das Sozialticket frühestens zum 1. April kommt. „Dann hat man für ein Jahr das Geld gespart“.

Ohnehin ist kein günstiges Ticket geplant, sondern nur ein Rabatt von 18 Euro auf die Monatskarten. Will ein Hartz-IV-Empfänger mobil sein, etwa für frühe Bewerbungstermine, kostet ihn die Karte 53,50 Euro. Und das, obwohl der Regelsatz nur 11 Euro für Bus und Bahn vorsieht.

Im Miniformat gibt es dieses Rabattmodell schon seit Juli 2007. Seitdem erhalten Arbeitslosengeld-II-Bezieher und andere Hilfeempfänger bei den Jobcentern eine „Sozialkarte“, die ihnen fünf Euro Rabatt gewährt. Für die Karte wurde so wenig geworben, dass nach HVV-Angaben nur 12.500 Menschen sie beantragten. Und das, obwohl nach Berechnungen des Diakonie-Sozialexperten Dirk Hauer über 260.000 Hamburger darauf Anspruch haben. Eine Preiserhöhung ohne gleichzeitige Einführung eines Sozialtickets findet Hauer „unverzeihlich“.