Verschuldete müssen warten

Hamburgs Schuldnerberatungsstellen sind stark überlastet. Die Wartezeit für einen Termin beträgt im Durchschnitt mehr als sieben Monate. Die Sozialbehörde gelobt Besserung und verspricht mehr Geld, die Opposition bleibt skeptisch

234 Tage. So lange müssen Anwärter auf ein Beratungsgespräch bei einer öffentlichen Schuldnerberatungsstelle derzeit im Durchschnitt auf einen Termin warten – bei einzelnen Stellen sind es sogar bis zu 360 Tage. Dies ergab eine Große Anfrage der SPD-Fraktion an den Senat. Die Schuldnerberatung soll Überschuldeten helfen, aus ihrer wirtschaftlichen Notsituation heraus zu kommen. Empfänger von Sozialhilfe und Menschen mit geringem Einkommen können bei den öffentlich geförderten Stellen kostenlos Hilfe in Anspruch nehmen.

Ende letzten Jahres betrug die durchschnittliche Wartezeit für die Beratungsgespräche bereits 182 Tage. Im zweiten Halbjahr 2007 suchten 4.484 Menschen den Kontakt zu einer der sieben Beratungsstellen, im ersten Halbjahr 2008 waren es noch 3.800. Die jüngste Finanzkrise hat laut Henrik Schmidt von der Schuldnerberatungsstelle des öffentlichen Dienstleisters „Hamburger Arbeit“ keinen Ansturm ausgelöst. Dass die Wartezeit trotz geringerem Aufkommen stieg, erklärt die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ksenija Bekeris mit der finanziellen Ungewissheit der Beratenden selbst: Das hanseatische Oberlandesgericht hatte im Dezember 2007 entschieden, dass die öffentlich finanzierte Schuldnerberatung ausgeschrieben werden müsse, um Wettbewerb zwischen den geförderten Einrichtungen zu gewährleisten.

Dies geschah erstmals im Februar dieses Jahres. Das Vergabeverfahren habe zu monatelangen Unsicherheiten in der Finanzplanung der Beratungsstellen geführt, sagt Bekeris. Erst seit Ende September sei endgültig klar, wer eine Förderung erhalte.

Berater Henrik Schmidt zufolge kann bei Verschuldeten mit akuten Problemen lediglich „Erste Hilfe“ geleistet werden. Eine wirkliche Beseitigung der Probleme sei nur in den Gesprächen mit langer Vorlaufzeit möglich.

In der Sozialbehörde sind die Probleme bekannt. „Wir wissen von den langen Wartezeiten“, sagt Sprecherin Jasmin Eisenhut. Um das Problem zu lösen, will der Senat die Ausgaben für die Beratungsstellen in den Haushaltsjahren 2009 und 2010 um 766.000 Euro erhöhen. Bisher lag der Etat laut der Sozialpolitikerin Bekeris bei etwa drei Millionen Euro insgesamt. Über den Haushalt entscheidet die Bürgerschaft im Februar.

Bekeris geht das nicht schnell genug. Eile sei geboten. „Der Senat muss sofort handeln“, sagt sie, „schließlich hängen von den Beratungen Existenzen ab.“ ROBIN RIEPRICH