Weniger Arbeitsgelegenheiten

Tausend Ein-Euro-Jobs werden in Hamburg gestrichen. Oft trifft es gemeinnützige Träger, die nun ohne Personal dastehen. Dabei wollte die Koalition doch eigentlich die Stadtteilarbeit stärken

VON UTA GENSICHEN

Großes hatten CDU und GAL vor, als sie im April eine neue Arbeitsmarktpolitik schmiedeten: Die sollte fortan mit der Stadtteilentwicklung verknüpft werden. So sieht ein Punkt des Koalitionsvertrags vor, 2.500 Ein-Euro-Jobs zu schaffen, die einen stadtteilpolitischen Nutzen haben. Viele Vereine fühlen sich indes übergangen, weil bei ihnen keine Plätze geschaffen, sondern abgebaut werden.

Wolfgang Neumann vom Träger Arbeit und Lernen schätzt, dass es etwa 1.000 von den insgesamt rund 10.000 Plätzen hamburgweit sind, die vor ihrem eigentlichen Ablauf enden. Normalerweise arbeite ein Ein-Euro-Jobber zehn Monate an seinem Platz. Die betroffenen Stellen sollen aber bereits Ende März auslaufen. Das sei besonders bitter für die Teilnehmer, sagt Projektkoordinator Neumann: „Die identifizieren sich mit ihrer Arbeit und verstehen nicht, warum sie das nicht zu Ende machen können.“

Außerdem gefährde der vorzeitige Abbau der „Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung“, wie die Ein-Euro-Jobs im Gesetzestext heißen, bereits begonnene Projekte: So berichtet Neumann von einem Kinder- und Familienzentrum, das nicht weiß, wie es ohne die Ein-Euro-Jobber seinen gut besuchten Mittagstisch durchführen soll.

Ein anderes Beispiel ist der Hamburger Verein „Deep Wave“: Vor einer Woche flatterte den Meeresschützern ein Schreiben von der für die Ein-Euro-Jobs zuständige Arbeitsgemeinschaft (Arge)ins Haus: das vorzeitige Aus für die zwölf Jobs, die der Verein für arbeitslose Akademiker anbietet. „Das ist der Genickbruch für unsere gesamte gemeinnützige Arbeit“, sagt der Vereinsvorsitzende, Onno Groß. Er versteht die Welt nicht mehr: „Wenn der Umweltschutz derart geschwächt wird, ist das natürlich kontraproduktiv“, sagt er.

Das hatten sich die Hamburger Grünen bei Abschluss des Koalitionsvertrags sicherlich anders vorgestellt. Bei der Ausrichtung der Ein-Euro-Jobs auf eine Arbeit mit stadtteilpolitischem Nutzen sei die Partei „noch nicht so weit“, sagt Antje Möller, Arbeitsmarktexpertin der GAL-Bürgerschaftsfraktion auf taz-Anfrage. „Hier hat die Umsteuerung und die Verknüpfung mit dem Quartiersansatz noch nicht gegriffen.“ Auch bei ihr seien inzwischen Beschwerden von einzelnen Projekten und Beschäftigungsträgern zu Ohren gekommen. Die aufgekommenen Fragen müssten geklärt werden, so Möller.

Die zuständige Behörde für Wirtschaft und Arbeit dagegen hüllt sich über die Fortschritte bei der stadtteilorientierten Arbeitsmarktpolitik in Schweigen. Das Thema werde derzeit geprüft und ausgewertet, teilt ein Sprecher mit.

Wolfgang Neumann berichtet, dass Arbeit und Lernen im vergangenen August 220 Ein-Euro-Jobs beantragt habe – bewilligt wurden dem Träger ganze 39. Dabei seien die Kriterien für diese Arbeitsgelegenheiten ganz einfach, sagt eine Sprecherin der Arge: „Sie müssen immer zusätzlich und gemeinnützig sein.“ Neumann indes mutmaßt, bei der Vergabe orientiere die Behörde sich an den Zielgruppen, an die sich die beantragten Jobs richten. Das bestätigt im Prinzip auch die Arge: Man habe bei der Bewilligung besonders darauf geachtet, so die Sprecherin, dass von den jeweiligen Maßnahmen insbesondere Migranten oder Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen angesprochen werden.

Finanziell schwachen Vereinen wie etwa Deep Wave helfen diese wohlgemeinten Richtlinien wenig. „Selbst wenn wir wollten“, sagt Onno Groß kopfschüttelnd: „Wir könnten niemanden einstellen.“