Bauer versucht zu kündigen

KONFLIKT Eine Gesellschaft des Bauer-Verlags will die Konzernbetriebsrätin Kersten Artus entlassen. Der Fall geht wahrscheinlich vors Arbeitsgericht

Sie habe sich ordentlich abgemeldet, ein ganz normales Urlaubsformular ausgefüllt, um an einer Vorstandssitzung ihrer Gewerkschaft an einem Nachmittag im September teilzunehmen, sagt Kersten Artus. Doch ihr Arbeitgeber glaubt nicht, dass das reicht, und versucht sie loszuwerden: Ein 150 Seiten starkes Schreiben haben Vertreter des Bauer-Verlages am Dienstagabend an Artus übergeben: die Grundlage für die Anhörung zu ihrer beabsichtigten Entlassung.

Artus ist Konzernbetriebsrätin bei der Yvonne Bauer Redaktions KG und sitzt für die Linke in der Bürgerschaft. Vorgeworfen werde ihr, so Artus, dass sie beharrlich die Arbeit verweigere und, konkret, die Genehmigung für den Urlaub gefehlt habe. „Das war für die wohl der Tropfen auf den heißen Stein“, sagte Artus am Freitag.

Artus arbeitet seit 1982 für Bauer, ist seit 1983 mit vier Jahren Unterbrechung im Betriebsrat. Das Schreiben vom Dienstag dokumentiert die Auseinandersetzung zwischen Artus und ihrem Arbeitgeber. Immer wieder hat der Verlag sie abgemahnt – der Grund: angeblich fehlerhaftes oder ungenügendes Abmelden zur Betriebsratsarbeit. Darüber hinaus läuft ein Presserechtsverfahren.

Der Bauer-Verlag besteht aus zwei Konzernen, eine davon ist die Yvonne Bauer Redaktions KG. Zu beiden gehören jeweils zahlreiche Tochtergesellschaften. Bei einer ist Artus angestellt und genießt als Betriebsrätin besonderen Schutz. Wenn das Gremium ihrer Kündigung nicht zustimmt, kann der Arbeitgeber versuchen, sich die Genehmigung ersatzweise vom Arbeitsgericht zu holen. Der Betriebsrat gedenkt nicht zuzustimmen.

Artus ist sich keines Fehlers bewusst und davon überzeugt, dass ihr Urlaub nicht genehmigungspflichtig sei. Schließlich regele der Tarifvertrag für Zeitschriftenredakteure, dass der Arbeitgeber seinen Redakteuren Freizeit für gewerkschaftliches Engagement gewähre. „Von genehmigen steht da nichts“, sagt Artus. Zudem verweist sie auf ihren gesonderten Kündigungsschutz als Bürgerschaftsabgeordnete.

Die Gewerkschaft Ver.di, der Deutsche Journalistenverband und die Linksfraktion kritisieren das Vorgehen des Verlages. Dieser äußerte sich nicht. DKU