Ungewöhnliche Liebeserklärung

MUSIKFILM In Vincent Moons Film „An Island“ erfinden die dänischen Kammer-Popper „Efterklang“ ihre Stücke mit 200 Musikern neu – an allerhand ungewöhnlichen Orten

Eine alte Fabrik verwandelt sich in ein riesiges Schlagwerk

VON ROBERT MATTHIES

Klassische Dokumentationen sind Vincent Moons Bandporträts nicht. Kaum narrative oder auch nur lineare Struktur, kein Versuch, zu verstehen oder zu erklären, keine Interviews. Stattdessen bastelt der französische Regisseur, der seit vier Jahren vor allem mit seiner Musikvideo-Reihe „Take Away Show“ für Furore sorgt, mal aus kontrastreichen und grobkörnigen Schwarz-Weiß-Konzertschnipseln, mal aus Stadt- und Landschaftsbildern einen ganz eigenen Blick auf die Porträtierten.

Da mag man seinem impressionistischen Film „A Skin, a night“ über die US-amerikanischen Indierocker „The National“ vorwerfen, wenig Erhellendes über den Entstehungsprozess des 2007er-Albums „Boxer“ zu berichten: Moon dokumentiert in aller Seelenruhe, dass es über die Musik hinaus nichts zu erzählen gibt. Und auch „Burning“ über die schottischen Postrocker „Mogwai“ ist vor allem eins: ein konzentrierter Blick auf konzentriert blickende Musiker, der ihre Musik selbst sprechen lässt.

Dass Moon sich dabei ganz auf sein Gegenüber einlassen kann, zeigt auch sein neuester Streich: Im August letzten Jahres traf er auf der kleinen dänischen Insel Als auf „Efterklang“. Vier intensive Tage lang hat er die dänischen Indie-Kammer-Popper begleitet, wie sie vor Familie, Freunden und der Insel-Bevölkerung Stücke ihres Albums „Magic Chairs“ an ungewöhnlichen Orten spielen und ganz neu interpretieren: Eine alte Fabrik verwandelt sich in ein riesiges Schlagwerk, die Ladefläche eines Pickups wird während einer Fahrt durch den Wald zur Bühne, in der Turnhalle ihrer ehemaligen Schule werden deren Schüler zum Chor und erfinden mit zerknülltem Zeitungspapier die Klangeffekte.

Über 200 Musiker haben für „An Island“ mit „Efterklang“ zusammengespielt. Und plötzlich werden es noch einmal viel mehr, wenn Bassist Rasmus Stolberg am Ende unvermittelt zum allgemeinen Mitklatschen auffordert. Die Musik hört auf – das rhythmische Klatschen geht weiter. Und verwandelt sich Handschlag für Handschlag in brausenden Applaus. Und „An Island“ wird zu einer Liebeserklärung an die Macht des Miteinanders, die Freiheit der Spontaneität und die unbändige Kraft der Musik. Nicht zuletzt deshalb kann jeder den Film herunterladen und eine Vorführung organisieren. Einzige Bedingung: freier Zugang für alle.

Am Mittwoch präsentieren „Efterklang“ den außergewöhnlichen Film – und danach wird zusammen Musik gemacht.

■ Mi, 16. 3., 20 Uhr, Knust, Neuer Kamp 30