Präsident auf der Abschussliste

POLIZEIFÜHRUNG Die Abberufung von Polizeipräsident Werner Jantosch rückt gerüchteweise immer näher. Als Nachfolger wird der Bezirksamtsleiter Hamburg Nord, Wolfgang Kopitzsch, gehandelt

„Herr Jantosch ist im Urlaub – wir geben dazu keine Stellungnahme ab“

RALF KUNZ, POLIZEISPRECHER

Die Spatzen pfeifen es seit Wochen von den Dächern: Die SPD drängt den Senat zu Veränderungen in der vom rechtspopulistischen Innensenator Ronald Schill und seinem Nachfolger Udo Nagel (parteilos) aufgebauten Polizeiführung. Doch bislang traute sich der neue Innensenator Michael Neumann (SPD) nicht, gegen den Polizeiapparat vorzugehen. Nun aber könnte eine Bagatelle Anlass bieten, Polizeipräsident Werner Jantosch die rote Karte zu zeigen.

Jantosch hat sich offenkundig geweigert, Neumanns Pläne umzusetzen und Beamte aus den aufgeblähten Führungsstäben wieder auf die Straße zu schicken. „Herr Jantosch ist im Urlaub – wir geben dazu keine Stellungnahme ab“, sagt Polizeisprecher Ralf Kunz. Auch die Innenbehörde schweigt. „Keine Stellungnahme“, sagt Sprecher Frank Reschreiter. Aus dem Umfeld des Innensenators ist jedoch zu hören, dass Jantosch im Präsidium Amtsmüdigkeit signalisiert habe, und dass Innensenator Neumann nach seinem Urlaub das Gespräch mit ihm suchen werde.

Dabei ist Jantosch in den roten und rot-grünen Regierungs-Ären groß geworden. Einen Namen machte er sich 1996 während der Entführung des Millionärs Jan Philipp Reemtsma, als es ihm als Polizeisprecher gelang, durch Redaktionsbesuche eine freiwillige Nachrichtensperre aufzubauen, um die Freilassung Reemtsmas zu forcieren.

Weniger Fingerspitzengefühl legte Jantosch an den Tag, als er als Chef der Polizeidirektion Mitte am 5. September 1991 eine Blockade von 500 Menschen auflösen lassen wollte, die sich am Tag der Beerdigung der neunjährigen Nicola S. versammelt hatten. Nicola S. war an einer grünen Ampel von einem Lkw überrollt worden. Doch ein Hundertschaftsführer verweigerte den Befehl. „Ich lasse meine Leute nicht gegen Mütter und Kinder vorgehen“, sagte er damals.

2004 kürte Innensenator und Studienkollege Udo Nagel Jantosch zu seinem Polizeipräsidenten-Nachfolger. Jantoschs Führungsstil galt als autoritär, was im August 2010 dazu führte, dass Polizeioffiziere in einem Brandbrief die mangelnde Änderungsbereitschaft an Polizeistrategien rügten und die Transparenz im Apparat beklagten.

Heißer Kandidat für die Jantosch-Nachfolge ist Bezirksamtsleiter Wolfgang Kopitzsch aus Hamburg Nord. Der Ex-Leiter der Landespolizeischule und Polizeihistoriker gilt als konfliktbereiter und versierter Polizei-Insider. Auch im Gespräch sind der ehemalige Chef des Dezernats Organisierte Kriminalität, Manfred Quetzuweit, und der Polizeidirektor Gerhard Müller, die in der Schill-Ära zurückgetreten oder weg gemobbt worden sind. Quetzuweit ist Ausbilder bei der Hundestaffel an der Landespolizeischule. KAI VON APPEN