SOUNDTRACK

Über Mary Ocher, eine in Russland geborene und in Israel aufgewachsene so genannte Wahlberlinerin, schreibt der Veranstalter, sie habe den Protestsong im Gepäck. Und das ist wohl in zweifacher Weise richtig. Zum einen – wer schafft so was heute schon noch? – gelang es ihr vor einiger Zeit mal, Heerscharen protestierender 1.000 Robota-Fans aus dem Laden zu treiben, wo sie sich ihrer Erschöpfung und Fassungslosigkeit hingaben. Zum anderen repräsentiert die Dame die dunkle Seite einer aus interessant angezogenen und mit ausgedachten Berufen bestückten großstädtischen Anti-Eliten-Elite, für deren Studium sie sich, nun ja, nicht gerade die unpassendste Stadt ausgesucht hat. Hamburg bietet sich hier natürlich auch an, das mag ein Grund dafür sein, dass man sie in diesem Sommer bereits das zweite Mal hier begrüßt. Und das nur zu gerne, denn dieser „ungeschliffene Rohdiamant der Andersartigkeit“ (Plattentests.de) ist ein wildes Zusammentreffen von Cindy Lauper, Nina Hagen und Ziggy Stardust mit Attitüde. Das macht es den Beteiligten nicht immer ganz leicht, wenn Frau Ocher mit Gitarre und Miniverstärker, mit Piano oder irgendeinem Kleinstinstrument minimalistisch eingedampften Blues und Folk-Derivate verbreitet. Aber „leicht“ können dann eben auch andere machen. Fr, 12. 8., 22 Uhr, Kampnagel, Jarrestraße 20

Die Plattenfirma ist der Ansicht, die Band habe den perfekten Namen, um den Zustand der Welt im Allgemeinen und des Rock im Speziellen ganz genau auf den Punkt zu bringen. Die Band ist in ihrer Heimat Kanada mittlerweile eine größere Nummer, die gut dotierte Preise in die Hände gedrückt bekommt. Zusammengenommen macht dies misstrauisch, dafür besteht jedoch kein Anlass. Fucked up gehen in ihr zehntes Jahr, haben es als überzeugte DIY-Band bereits geschafft, MTV öffentlich zu beschädigen und präsentieren sich weiterhin als grober Klotz, aber auch als sensible, feinsinnige und innovative Verarbeitungsanlage für jede Idee, die Punk und Hardcore wieder zu Größe, Bedeutung und ein wenig Würde verhilft. Hier wuchern die Songs maßlos und in alle Richtungen, dort treiben schwere Gitarren rohe Melodien durch kurze wütende Attacken, denen sich nur schwer zu entziehen ist. Der Sänger blutet, die Energie prallt undosiert auf ein fasziniertes Publikum. Ach ja, die „beste Live-Band der Welt“ sollen sie auch sein (das sagt aber jetzt nicht die Plattenfirma). Mo, 15. 8., 21 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84 NILS SCHUHMACHER