Der verlässliche Olaf

DURCHREGIEREN SPD-Bürgermeister Scholz erzählt dem CDU-Wirtschaftsrat, worauf er sich einstellen sollte. Und der ist darüber nicht mal unglücklich

Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. sieht sich als Berufsverband, der rechtlich selbstständig und politisch unabhängig ist.

■ Aufgabe: Er will gegenüber Regierungen und Parteien als Anwalt der Sozialen Marktwirtschaft und des freien, sozial verpflichteten Unternehmertums auftreten.

■ Akzentuierung: Seine Ziele will er allerdings insbesondere CDU und CSU nahebringen, daraus erklärt sich laut Homepage „der Namensbestandteil ‚der CDU‘“.

■ Mitglieder: In Hamburg etwa 1.300. Im Vorstand sitzen CDU-Mitglieder und parteilose Manager.

Höflich geht man miteinander um, die große Erwartungshaltung wandelt sich nach drei Stunden in respektvolle Aufgeschlossenheit. Der Wirtschaftsrat der CDU richtet sich auf eine Zusammenarbeit mit einem SPD-Senat und mit einem Bürgermeister Olaf Scholz ein. Nicht, dass dieser Begeisterungsstürme entfacht hätte vor gut 500 Zuhörern am Mittwochabend im Hotel Atlantic. Bei Tafelspitz an Waldpilzroulade verkörpert Scholz sein Versprechen, „ordentlich zu regieren“. Nach zehn Jahren Schwarz-Schill, Schwarz pur und Schwarz-Grün reichte das im Februar an der Wahlurne, und hier reicht das auch.

Der Hafen und die Elbvertiefung, Mittelstand und Wohnungsbau, Bürokratieabbau und immer wieder Haushaltskonsolidierung – Scholz versteht es, mit einfachen Worten die Seriosität seiner Politik zu betonen. Im Wahlkampf hatte er behauptet, die Wirtschaftspolitik der CDU sei „wirtschaftsfeindlich“, und diese These variiert er hier positiv. Er sagt, was er zu tun gedenkt, und er lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass er es auch tun wird. Verlässlichkeit nennt man das wohl, und das gilt auch für die Themen, die in diesem Saal nicht konsensfähig sind.

Scholz erläutert in Anwesenheit von Hamburgs Vattenfall-Chef Pieter Wasmuth, warum der SPD-Senat 25,1 Prozent an den Versorgungsnetzen von Vattenfall und Eon Hanse zurückkaufen will. Manche im Publikum halten das schon für Verstaatlichung, aber Scholz bleibt unbeirrt. Die Schuldenbremse schon 2013 zu erfüllen, wird gefordert, aber Scholz stellt klar, „dass es dafür keinen Spielraum gibt“. Es wird zur Kenntnis genommen.

Als Bonbon für den Wirtschaftsrat verkündet Scholz, der Senat habe bereits am Dienstag einen Einstellungsstopp für den öffentlichen Dienst beschlossen. Danach müssen freiwerdende Stellen vorrangig intern besetzt werden, nicht durch Neueinstellungen. Und es bleibe beim Abbau durch Personalfluktuation von 250 Stellen in den Verwaltungen pro Jahr – mindestens. „Es kann auch deutlich mehr werden“, fügt Scholz hinzu, und ahnt wohl schon, dass der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am nächsten Tag von einer „Bemerkung, die uns auf die Palme bringt“ sprechen wird. Hier im Atlantic erntet er Beifall.

Es muss nicht jedem gefallen, was Olaf Scholz sagt. Man muss aber damit rechnen, dass er es so meint. Unternehmer nennen sowas „verlässliche Rahmenbedingungen“. Sie wissen jetzt, woran sie mit Olaf Scholz sind. Und so richtig unglücklich wirken sie damit nicht. SVEN-MICHAEL VEIT