SOUNDTRACK

Wäre Alec Empire heute ein Jugendlicher in der Provinz, der örtliche Verfassungsschutz hätte ihn vermutlich längst als „Hassmusiker“ bekannt gemacht und man hätte versucht, ihn mit einem Musikprojekt von seiner schändlichen Haltung abzubringen. Klingt über-, ist aber eher noch untertrieben und sagt zumindest etwas darüber aus, wer schon mal keine Ahnung vom Charakter der Popmusik hat. Sie können ja Herrn Empire mal fragen. In den frühen 1990ern gehörte der zu den Gründern und Köpfen des Techno-Acid-Punk-Projekts Atari Teenage Riot. Man erinnert sich: eine Band, die die Grenzen der Unhörbarkeit abtastete, unvorstellbar brutal war und einen Anspruch auf Radikalität formulierte, der die inhaltliche Härte des Punk mit der ästhetischen Härte elektronischer Musik auf ganz neue Weise verband. Dann war die Band weg, jetzt ist die Band wieder da. Nach 12 Jahren haben ATR ein neues Album veröffentlicht, das musikalisch und in seiner jakobinischen Haltung nahtlos an alte Zeiten anschließt. Klingt natürlich mittlerweile alles schlimmer, als es ist. Spült aber immer noch so durch wie vor einem Jahrzehnt. Sa, 3. 12., 22 Uhr, Grünspan, Große Freiheit 58

Es gibt Bands, die bestehen seit über zehn Jahren, haben in dieser Zeit bereits sechs Alben veröffentlicht und darüber einen leidlichen Bekanntheitsgrad erworben, aber man weiß auch: wenn sie derart agil in einer anderen Stadt (zum Beispiel in Hamburg statt in München) vor sich hingewerkelt hätten – sie wären sicher mehr als nur einmal schon als „gutes Gewissen“ und „gutes Ding“ des Pop von Gazette zu Gazette gereicht worden. Die Monostars jedenfalls machen ebenjene Art von Popmusik, die man vorschnell in der weitläufigen Traditionslinie der Hamburger Schule verortet, weil sie ebenfalls deutschsprachig und auch auf eine bestimmte Weise bedeutungsvoll ist. Im deutlichen Gegensatz zu den meisten anderen, die diesem Pesudo-Genre zugerechnet werden, wird hier allerdings auf dankenswert unprätentiöse Weise schöner Pop gemacht, der clever ist, und nicht vor allem clever tut. Und dies ist beileibe nicht allein eine Textfrage, sondern zeigt sich auch in musikalischer Beweglichkeit. Das neue Album „Absolut“ kommt zum Beispiel, nach Ausflügen in schmale Arrangements, beschwörend und düster, dicht im Sound, repetitiv, mit großer Freude an Dissonanz und nicht weniger Freude an der Introspektion hiesiger Gesellschaftsteilnehmer daher, dass man nur sagen kann: auch mal in Hamburg hinhören. So, 4. 12., 21.30 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße

Wenn Gruppen von Weltrang – in diesem Fall The Shins, The Unicorns, Modest Mouse – Nebenprojekte hervorbringen, ist oft nicht besondere Aufmerksamkeit, sondern erst mal besondere Vorsicht angesagt. Bei Mister Heavenly, einem kleinen feinen Projektchen, das sich aus Mitgliedern oben genannter Bands zusammensetzt, muss man sich allerdings weder in die eine noch in die andere Richtung schwer wiegende Gedanken machen, denn die Sache kommt unbeschwert und mit der richtigen Portion Anspruchlosigkeit daher, atmet also gewissermaßen eher den Geist kurzweiliger Unterhaltung als langweiliger Großspurigkeit. Und so klingt die Band ein bisschen wie eine Gruppe von Indie-Rockfreaks, die einen eklektizistischen Ritt durch die Jahrzehnte unternimmt, der in etwa bei den Beach Boys beginnt und, tja, bei den eigenen Bands dann auch wieder endet. Mo, 5. 12., 20.30 Uhr, Molotow Bar, Spielbudenplatz 5 NILS SCHUHMACHER