HAMBURGER SZENE VON SVEN-MICHAEL VEIT
: Das anständige Rathaus

Im Hamburger Rathaus arbeiten ausnahmslos anständige Leute. Und auch die Besucher sind allesamt ehrlich. Anders ist es nicht zu erklären, dass ich meinen im taz shop erstandenen Fahrradhelm wieder habe.

Fünf Tage lang hatte ich ihn vermisst. Nagelneu war er gewesen und in gediegenem taz-Rot gehalten. Keine vier Wochen nannte ich ihn mein Eigen, und nun war er weg. Frustriert bestellte ich im taz shop einen neuen. Auf meine Frage nach Mengenrabatt erntete ich ein mitleidiges Lächeln.

Nach einem Abendtermin im Rathaus hatte ich mein Rad an den Fahrradständern im Nebeneingang, der in den Innenhof führt, aufgeschlossen und war zu einer Verabredung ins Schanzenviertel gefahren. Mit Helm, daran meinte ich mich genau zu erinnern. Am nächsten Morgen aber konnte ich ihn zu Hause nirgends finden. Also suchte ich die gastliche Stätte vom Vorabend auf. Fehlanzeige, kein Helm sei gefunden worden. Ich fluchte über nichtsnutzige Diebe, die abends Lokale nach Stehlbarem absuchen.

Vier Tage später radelte ich morgens zu einem Termin ins Rathaus. Am Fahrradständer im Nebeneingang zum Innenhof hing mein Helm. Ich musste ihn dort vergessen haben – und niemand hatte ihn mitgenommen.

Jetzt habe ich meinen Helm wieder. Und mache mir Sorgen über meinen Geisteszustand.