HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGER
: Der Katzenmann

Ach, guten Tag, Sie schon wieder!“ Erst gestern Nacht hatte dieser dunkelhaarige Mann – mit Haut, die ganz knapp über seinem schmalen Gesicht gespannt ist – Geständnisse aus mir hervorgelockt. Denn auch ich kannte mich mit der 15er-Buslinie nicht aus; wusste weder Abfahrtsbereiche noch Fahrgewohnheiten, und die Endhaltestellen neben den Busnummern verwirrten mich.

Aber ich war nicht sein Problem, den schmalen Kopf schütteln musste er über betrunkene oder ausländische Passagiere, denen er immer alles dreimal sagen musste, viermal gar – und die trotzdem nicht lesen konnten, was auf seinem Bus vorne dran stand. Seine Sprache war weniger bedrohlich als sein Aussehen: so drahtig der Körper, so stramm die Haut überm Gesicht. Seine Zähne quellen unter den Lippen hervor.

Wir fahren an. „Haben Sie denn auch schon Schokolade bekommen?“ Auf der Ablage vor ihm liegt keine, er muss meinen fragenden Blick bemerkt haben. „Ich nicht, aber meine Katzen!“ Er lächelt beim Fahren und zählt auf, was sie fressen. „Erdnuss-Flips, Chips, Schokolade, Kuchen, Kekse.“ „Wie viele Katzen haben Sie denn?“ – „Mit dem Pflegekater elf.“

„Meine Ersatzfamilie.“ So oder so ähnlich sagte er. Und: „Was glauben Sie, was das Bett abends vorgewärmt ist, wenn ich nach Hause komme.“