WAS DENKEN sIE GERADE …
: … Ulrich Wickert?

Ich befinde mich an meinem Schreibtisch in Hamburg, schaue auf meinen riesengroßen Apple-Bildschirm. Aber dahinter sind dann die Kastanien auf der Straße, die in diesem Jahr schon sehr früh braun wurden, und daneben eine noch ganz grüne Platane – und ich frage mich, ob Kastanien immer früher braun werden oder ob das vielleicht an der Umweltverschmutzung liegt.

Im Augenblick beschäftigen mich Mord und Totschlag, Gewalt und ähnlich schreckliche Dinge. Das liegt jedoch in erster Linie daran, dass ich momentan mit meinem Krimi auf Lesereise bin. Just dann bin ich immer wieder überrascht, dass das, was in Kriminalromanen geschrieben steht, von der Wirklichkeit noch übertroffen wird.

Mein Buch spielt in Frankreich, und darin übt der französische Staatspräsident Druck auf meine Hauptfigur – einen Untersuchungsrichter – aus, einen Fall nicht weiter zu verfolgen. Und dann denke ich an die ganz realen Berichte rund um die Ermittlungen um die Geldgeschenke der französischen Milliardärin Liliane Bettencourt – und stelle fest, dass es in der Wirklichkeit eigentlich noch schlimmer zugeht als in meinem Krimi: In der Realität wurde eine französischen Untersuchungsrichterin nicht nur unter Druck gesetzt, sondern mit dem Tode bedroht.

Immer wieder schicken mir Menschen Berichte über unglaubliche Geschichten zu. Und auch wenn fragwürdig ist, inwieweit alle diese Geschichten stimmen oder nicht stimmen: Man braucht ja nur die taz zu lesen, um festzustellen, wie viel kriminelle Energie in Wirtschaft, Finanzen und auch Politik beheimatet ist.Foto: ap