taz und Freitag präsentieren: „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“ von JAN FEDDERSEN

Für die Käufer und Lesenden der taz war die Idee, die sie mit Blick auf die vor 31 Jahren gegründete alternative Tageszeitung hatten, immer klar: Worauf es publizistisch ankommt, muss wichtig sein, muss aufklären, muss der Wirklichkeit wenigstens einen Spiegel vorhalten, und sei es auf unterhaltsame Art. Die taz sollte der Fantasie von der Presse als vierter Gewalt echtes Leben verpassen – Medien wie der taz ging es nie um leichte Konsumierbarkeit oder gar den verlegerischen Profit.

Als dann, Ende des vorigen Jahrhunderts, das Internet zum dominierenden Medium informatorischer Aufbereitung zu werden begann, sprach die Medienbranche, disputierte die Kommunikationswissenschaft über eine „Revolution“ – über demokratische Formen der Kommunikation (Blogs). Die Stimmung in der Medienszene ist freilich inzwischen eine depressive: Von Krise der Medien ist die Rede und davon, dass Zeitungen keine Zukunft mehr haben. In den USA sind in den vergangenen Jahren wichtige Zeitungen eingestellt worden – das war die radikale Variante. Oder durch die Entlassung von Journalisten in Teamstärke – die Ausdünnung der Redaktionen war zugleich auch immer eine krasse Einbuße von Kompetenzen.

Mit diesem Krisenbefund im Blick war auch ein Motto geboren, das für das zweite taz.lab im Mittelpunkt steht: „So haben wir uns die Revolution nicht vorgestellt“. Es wird, am 8. und 9. April im Berliner Haus der Kulturen der Welt, ein Medienkongress, der zur kritischen Bilanz einlädt: Ist die Presse, einst als vierte Gewalt zur Kontrolle der Mächtigen wichtig, nicht längst ein Wirtschaftszweig geworden, der unter der Maxime der Gewinnerzielung allein steht? Ist durch die Verkleinerungen und Schließungen von Redaktionen nicht die Gefahr größer denn je, dass Zeitungen zu Spielwiesen von lobbyistischen Interessen werden? Ist die Öffentlichkeit, in der Medien wirken und die sie mit begründen, nicht allenthalben eine rückgratloser Raum geworden, in dem alles zählt, nur nicht das, was für die Idee eines Gemeinwesens zu erörtern relevant wäre?

Wir, die taz, wollten diesen Kongress allerdings nicht allein veranstalten, den Anspruch auf Haltung im großen Einerlei und Kompetenz wollten wir teilen. So kooperiert die taz nun für diesen Medienkongress mit der Wochenzeitung Der Freitag. Diese bringt zu dieser Veranstaltung ihre Freitag-Fabrik mit ein – obendrein hat sie ihre britischen Freunde vom Guardian mit eingeladen. Und diese, wichtigste Zeitung der kritischen Öffentlichkeit in Großbritannien, sagte zu.

Gewonnen haben wir auch die Internet-Plattform Der Perlentaucher, die von unserem ehemaligen Kollegen Thierry Chervel mitbegründet wurde – es ist die wichtigste Informationsbörse im Netz im Hinblick auf die Kultur- und Feuilletondebatten in Deutschland.

Mit dabei sind auch die Gruppe Reporter ohne Grenzen sowie die allmonatlich der taz beiliegende Monatszeitung Le Monde diplomatique, global informierendes und analysierendes Medium. Die taz Panter Stiftung wird das taz.lab Medien ebenfalls zu ihrer Sache machen.

Kommen Sie im April nach Berlin zum Medienkongress – es kann Ihnen nicht einerlei sein, dass die Krise der Medien sich mehr und mehr zu einer der Öffentlichkeit auswächst.

Jan Feddersen, 53, ist taz-Redakteur für besondere Aufgaben und koordiniert mit Doris Akrap das taz.lab medien