Nur das Ministerium rauchfrei

Ein „Aktionsplan Drogen und Sucht“ der Bundesregierung soll ab diesem Sommer für zehn Jahre die Drogenpolitik bestimmen. Verbraucherschützer melden bereits Kritik an. Regierungshaltung schon bei der Tabak-Rahmenkonvention umstritten

aus Berlin PHILIPP DUDEK

Der genaue Termin der Veröffentlichung steht noch nicht fest, da ist der „Aktionsplan Drogen und Sucht“ der Bundesregierung schon in die Kritik geraten. Johannes Spatz von der Lobbygruppe „Forum Rauchfrei“ in Berlin bezeichnete das Papier, das der taz in einer vorläufigen Fassung vorliegt, als ein „Sammelsurium“ von Feststellungen und unverbindlichen Absichtserklärungen.

„Quantifizierte Ziele und klare Aussagen werden hier vehement vermieden“, sagte Spatz. „Mit dem Aktionsplan zeigt die Regierung, dass sie nicht bereit ist, den Konsum von Tabak und Alkohol wirklich zu senken.“ Der Plan müsse grundlegend verändert werden.

Der Aktionsplan soll den Rauschgiftbekämpfungsplan von 1990 ablösen. Er soll die Richtlinien der deutschen Drogenpolitik für zehn Jahre festlegen. In dem Papier heißt es: „Es ist ein wichtiges gesundheitpolitisches Ziel, riskanten Konsum, schädlichen Gebrauch und Abhängigkeit von Suchtmitteln mit allem Nachdruck zu verhüten oder deutlich zu reduzieren. (…) Der Aktionsplan beinhaltet eine übergreifende, langfristig angelegte Gesamtstrategie für den Umgang mit Suchtmitteln.“

Doch in dem Papier wird nicht deutlich, wie diese Gesamtsstrategie aussieht. Der Plan weist keine Teilschritte auf und umschreibt mehrfach lediglich den Status quo. So wird unter dem Kapitel „Bekämpfung des Zigarettenschmuggels“ erklärt, dass Zigarettenschmuggel existiert. Wie der Schmuggel eingeschränkt werden soll, wird nicht erwähnt.

Eine Gesamtstrategie wird auch bei anderen Punkten nicht deutlich. So beschränken sich die Maßnahmen für rauchfreie öffentliche Einrichtungen hauptsächlich auf die Erstellung einer vorbildhaften Dienstvereinbarung im Gesundheitsministerium, wonach hier vorbildlich wenig geraucht werden soll. Zur Förderung des Gesundheitsbewusstseins sieht der Plan für 2003 unter anderem eine Ausstellung vor.

Die Gesellschaft soll vor allem durch die Öffentlichkeitsarbeit der Drogenbeauftragten Marion Caspers-Merk (SPD) für einen kritischeren Umgang mit Suchtmitteln sensibilisiert werden. Und um Jugendliche über die Gefahren des Mischkonsums von Drogen aufzuklären, ist an den Druck von Flyern gedacht.

„Der Plan zeigt, dass in den nächsten zehn Jahren von der Bundesregierung mit Blick auf die Drogenpolitik nichts zu erwarten ist“, sagte Spatz. Er bezeichnete das Papier als eine „verpasste Chance, eine gestalterische Drogenpolitik umzusetzen“.

Im Bundesgesundheitsministerium wollte man sich dazu gegenüber der taz nicht äußern. „Die Bundesregierung stimmt den Aktionsplan Drogen und Sucht derzeit mit den Ländern und Verbänden ab“, hieß es. In diesem Sommer soll das Papier dann verabschiedet werden. „Natürlich wird sich an dem Aktionsplan noch etwas ändern“, sagte ein Ministeriumssprecher. Über den Inhalt könne man zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nichts sagen.

Für Spatz ist der Plan ein weiteres Beispiel für die halbherzige Suchtpolitik der Bundesregierung. Die Richtlinien dafür seien schon am vergangenen Wochenende deutlich geworden. „Bei den Verhandlungen der Tabak-Rahmenkonvention in Genf war zu sehen, dass es der Bundesregierung nicht vornehmlich um gesundheitspolitische Aspekte geht, sondern um ihre wirtschaftlichen Interessen.“

Am Samstag scheiterte ein umfassendes Tabakwerbeverbot in einer international gültigen Rahmenkonvention der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter anderem an der Haltung Deutschlands. Die deutsche Delegation stimmte in diesem Fall allerdings nicht aus gesundheitspolitischen Gründen dagegen sondern argumentierte, ein absolutes Tabakwerbeverbot verstoße gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit und sei deshalb so nicht zu akzeptieren.

Marion Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum hält diese Argumentation für unzulässig: „Einschränkungen und Verbote der Meinungsfreiheit sind mit dem Grundrecht vereinbar, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden“. Wenn man es auf eine Verfassungsklage ankommen lassen wollte, würde man in diesem Fall wahrscheinlich sogar gewinnen, sagte Pötschke-Langer.

Im Bundesgesundheitsministerium wollte man auch zur WHO-Konvention nichts weiter sagen. Eine Sprecherin verwies gestern lediglich auf die endgültige Verabschiedung der Konvention im Mai dieses Jahres.