Junggrüne Gesichter lächeln vage

Özdemir und Göring-Eckardt halten sich Kandidatur für den Grünen-Parteivorsitz offen

BERLIN taz ■ Am Tag eins nach der Rückzugsankündigung Reinhard Bütikofers sagt Cem Özdemir: „Ich stehe leider nicht zur Verfügung“ – und ergänzt: „für Personaldebatten“. Ob er für den Job des Grünen-Vorsitzenden zur Verfügung steht, sagt er damit ausdrücklich nicht. Ihm reicht es vorerst, dass sein Name in der Welt ist. Er habe noch „ein paar inhaltliche Sachen zu tun“, behauptet er und verweist auf seine Termine bei einer Kurdenkonferenz vorher und mit irakischen Flüchtlingen hinterher.

Der Schwabe Özdemir (43) war von 1994 bis 2002 der erste türkischstämmige Abgeordnete im Bundestag. Seit 2004 sitzt er im Europäischen Parlament und mithin genau dort, wo Bütikofer jetzt hinwill. Der Parteichef gab am Montag bekannt, dass er auf dem Parteitag im November nicht mehr kandidieren werde. Ein „junges Gesicht“ solle her.

Özdemir ist nicht der einzige Grüne, der Ambitionen auf den zweiten Parteivorsitz neben Claudia Roth nicht dementiert. Auch Katrin Göring-Eckardt (42) bleibt auf Nachfrage fröhlich undeutlich und spricht von der notwendigen „generationellen Durchmischung“ an der Grünen-Spitze. Diese habe es ja zu Regierungszeiten auch gegeben, sagt die damalige Fraktionschefin und heutige Bundestagsvizepräsidentin.

Für grüne Talente wie den hessischen Partei- und Fraktionschef Tarek Al-Wazir sei es zwar in der Tat ein Problem, dass sich ein Fraktionsvorsitz satzungsgemäß nicht mit dem Bundesvorsitz vereinen lasse, erklärt Göring-Eckardt. Doch „ist es auch gut, dass man sich immer noch zwischen Fraktions- und Parteiführung entscheiden muss“, sagt sie. „Keinen der beiden Jobs kann man auf einer halben Pobacke machen.“

Katrin Göring-Eckardt wäre zur Linken Roth, die im November wieder antreten will, die klassische Reala-Ergänzung. Eine weibliche Doppelspitze ist bei den Grünen durchaus möglich. Die Theologin aus dem Osten steht für den Agenda-2010-Kurs und hat auch schon zu rot-grünen Zeiten die Öffnung nach Schwarz-Grün betrieben.

Cem Özdemir ist ebenfalls Realo und wäre außerdem als Kandidat perfekt geeignet, das grüne Pfund der Integrationspolitik wieder zu stärken. Freilich würde er sich genau darin mit Roth überschneiden. Es ist jedoch unklar, dass Roth als „gesetzt“ gelten darf.

Zwar wäre die Kombination „Erfahrene plus Neuling“ gut verkäuflich. Doch schon auf dem Kölner Parteitag 2006 bekam Roth nur noch 66,5 Prozent der Stimmen. Allerdings wurde der Bundesvorstand damals für eine Führungskrise bestraft, die er nicht allein verschuldet hatte.

Sicher werden nach den Koalitionsentscheidungen in Hessen und Hamburg noch weitere Namen in der Kandidatentombola kreisen. ULRIKE WINKELMANN

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