Patientenwille soll eingeschränkt gelten

Ein neuer Gesetzesentwurf fordert eine ärztliche Beratung und notarielle Beglaubigung in Patientenverfügungen

BERLIN dpa/taz ■ In die Debatte um die Gültigkeit von Patientenverfügungen kommt Bewegung. Eine Gruppe von Abgeordneten um die Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und den stellvertretenden Unions-Fraktionschef Wolfgang Bosbach (CDU) hat einen neuen Gesetzesvorschlag erarbeitet.

Der Entwurf legt fest, wann sich ein Arzt oder das Pflegepersonal nach einer schriftlichen Verfügung des Patienten richten müssen, die seine Behandlung für den Fall regelt, dass er sich nicht mehr äußern kann. In einer Patientenverfügung können vorab lebenserhaltende Maßnahmen wie eine Magensonde, Wiederbelebung oder künstliche Beatmung abgelehnt werden – auch wenn dadurch der Tod herbeigeführt wird. Vorgesehen ist laut Gesetzesentwurf von Bosbach und Göring-Eckardt, dass das Schriftstück nur dann gültig sein soll, wenn der Patient von einem Arzt aufgeklärt wurde und dies schriftlich dokumentiert ist. Auch muss ein Notar die Verfügung beglaubigt haben. Das Schriftstück soll zudem nur voll gültig sein, wenn es nicht älter als fünf Jahre ist.

Der neue Entwurf ist ein restriktiveres Gegenkonzept zum Vorschlag des SPD-Abgeordneten Joachim Stünker, den bereits über 200 Parlamentarier unterschrieben haben, und der von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries unterstützt wird. Nach Stünkers Entwurf sollen Patientenverfügungen weitgehend verpflichtend sein, auch ohne die von Bosbach und Göring-Eckardt geforderten Einschränkungen. Der Vorschlag wurde bereits im Juni im Bundestag diskutiert (taz vom 26.6.2008).

Die Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) stellte sich am Wochenende gegen die Pläne von Bosbach und Göring-Eckardt. „Die notarielle Beglaubigung ist eine hohe Hürde und für eine Vielzahl der Bürger unpraktikabel“, sagte Jürgen Heise von der DGHS der taz. Auch die Fünfjahresfrist, nach der die Verfügung ungültig wird, lehnt er ab. „Die formalistischen Einschränkungen für das Instrument der Patientenverfügung sind nicht hinnehmbar.“

Laut der Deutschen Hospiz-Stiftung haben rund 8,6 Millionen Menschen eine Patientenverfügung unterschrieben. Bisher wird ihre Einhaltung in Krankenhäusern und Pflegeheimen unterschiedlich gehandhabt. Zwei Urteile des Bundesgerichtshofs von 2003 und 2005 besagen, dass Verfügungen der Patienten gegen lebenserhaltende Maßnahmen grundsätzlich zu beachten sind. Das Problem, dass der Wille teilweise verschieden interpretiert werden kann, konnte bisher nicht geklärt werden. Mit einer endgültigen Beratung über die beiden Gesetzesentwürfe ist Anfang 2009 zu rechnen. NICOLE JANZ