„Für unsere Arbeit ist das eine Katastrophe“

Hätte die Polizei die Demonstranten vor der Nazi-Attacke schützen müssen? Vier Stimmen aus Politik und Gesellschaft

Uwe Schubert, Mobiles Beratungsteam für Demokratie gegen Rechtsextremismus, Erfurt: „Als wir Sonnabend mit dem Auto nach Dresden unterwegs waren, haben wir auf den Raststätten keine Polizei gesehen. Auf dem Rückweg das gleiche Bild: Keine besondere Polizeipräsenz auf der Autobahn. Wir sitzen hier und verstehen es nicht. Wir fördern zivilgesellschaftliche Arbeit. Wenn die wenigen Menschen, die sich engagieren, Angst haben müssen auf dem Weg zur Demo, ist das für unsere Arbeit eine Katastrophe.“

Thorsten Schäfer-Gümbel, SPD-Fraktionschef in Hessen: „Die Thüringische Landesregierung muss für rasche Aufklärung sorgen, ob hier möglicherweise Versäumnisse von Seiten der Sicherheitsbehörden vorgelegen haben. Schließlich hätte ein Ziel der polizeilichen Maßnahmen sein müssen, auch über die Demonstration in Dresden hinaus Zusammenstöße zwischen den Rechtsextremisten und den Gegendemonstranten zu verhindern. Auch die hessischen Sicherheitsbehörden müssen ihren Anteil an der Aufklärung leisten.“

Bodo Ramelow, Thüringer Linke-Spitzenkandidat: „Es ist unverständlich, dass angesichts der Gefährdungslage die Raststätten nicht durch Polizeikräfte abgesichert waren. Schon am Samstagvormittag zeichnete sich ab, dass Demokraten und Antifaschisten an den Thüringer Raststätten erheblich gefährdet sind. Ich kann nicht verstehen, warum sich die Polizei nicht auf diese Lage eingestellt hat und für einen sicheren Rückweg der Reisegruppen, die sich gegen den Naziaufmarsch gestellt haben, gesorgt hat.“

Manfred Scherer, Thüringens Innenminister, CDU: „Im demokratischen Rechtsstaat kann es keine Totalüberwachung der An- und Abreise von 15.000 Demonstrationsteilnehmern geben. Zwar war anzunehmen, dass auch die Autobahnen 4 und 9 für die An- und Abreise genutzt würden. Man kann aber nicht einfach mal so sämtliche Rast- und Parkplätze sowie die Rasthöfe entlang der Autobahnen mit Polizei-Hundertschaften belegen. Für mögliche Einsätze hatte die Thüringer Polizei Kräfte vorgehalten.“ GEORG LÖWISCH