Die schwarze Katze Koch

Mit einem populistischen Wahlkampf hat sein Aufstieg begonnen, eine Neuauflage wäre fast sein Niedergang gewesen. Nun feiert Hessens Regierungschef Roland Koch zehnjähriges Dienstjubiläum. Wie hat der Lieblingsfeind der Linken das geschafft?

Von seinen sieben Leben hat Roland Koch erst drei aufgebraucht

VON KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Gleich in seinem ersten Landtagswahlkampf 1999 wurde Roland Koch totgesagt – an diesem Dienstag ist der CDU-Politiker zehn Jahre als Ministerpräsident des Landes Hessen im Amt. Hoffnungslos abgeschlagen lag der damals 41 Jahre alte Herausforderer von Ministerpräsident Hans Eichel (SPD) vor zehn Jahren in allen Umfragen hinten. Doch mit einer populistischen Kampagne gegen die – auch von vielen Wählern der SPD abgelehnte – doppelte Staatsbürgerschaft für hier lebende Ausländer siegte er am Ende doch noch. „Schmutzig zwar“, wie SPD und Grüne nicht müde wurden zu betonen, und nur im Bündnis mit der FDP. Doch sein unerwarteter Erfolg in Hessen war eine Trendwende für die Union insgesamt. Denn nach der Wiedervereinigung hatte die CDU bis dahin bei den Landtagswahlen stets an Stimmen verloren.

Totgesagt wurde Koch dann gleich wieder nach der Regierungsübernahme. Der Anfang 2000 aufgedeckte Parteispenden- und Schwarzgeldskandal der CDU in Hessen und im Bund drohte auch den Eschborner mit in den Abgrund zu reißen.

Schließlich war auch sein Wahlkampf mit schmutzigem Geld aus der Kasse des schwarzen Prinzen und Schatzmeisters zu Wittgenstein finanziert worden. Koch wusste – angeblich – von nichts; und entgegen der Legende war Koch auch nicht der perfide Erfinder der „jüdischen Vermächtnisse“, mit der die Transaktionen verschleiert wurden, sondern der Kassenprinz.

Weil der Regierungschef aber daran mitgewirkt hatte, wenigstens einen dieser fingierten Darlehensverträge in den offiziellen Geldkreislauf der CDU einzuspeisen – und er das zunächst leugnete –, ging auch der Koalitionspartner FDP auf Distanz zu Koch. Doch die damalige Parteivorsitzende der Freien Demokraten in Hessen, Ruth Wagner, hielt zu ihm. Auf einem Sonderparteitag der FDP wurde der Antrag zur Aufkündigung der Koalition mit der CDU dann auch mehrheitlich knapp zurückgewiesen.

Und doch gewann Koch die Landtagswahl 2003 mit Bravour; nicht zuletzt wegen der großen Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit der Politik der rot-grünen Bundesregierung. Die CDU errang die absolute Mehrheit – und Koch triumphierte. Aber nicht lange. Mit der „Operation düstere Zukunft“ (SPD) – einem gigantischen Sparprogramm vor allem zulasten sozialer und kultureller Einrichtungen – brachte er Sozialverbände und Gewerkschaften gegen sich auf. Die Unterrichtsgarantie plus ließ Hausfrauen zu Aushilfslehrern avancieren; und ausgebildete Pädagogen, Schüler und Eltern dagegen protestieren. Und die Einführung von Studiengebühren ließ nicht nur die Studentenschaft in Frontstellung gegen Koch gehen.

Vor der Landtagswahl 2008 versuchte der in Bedrängnis geratene Ministerpräsident dann erneut, die ausländerfeindliche Karte zu spielen. Gewaltexzesse Jugendlicher kamen ihm da gerade recht. Doch dieses Mal ging es nach hinten los. Bei der Wahl im Januar musste Koch erdrutschartige Verluste hinnehmen. Im Landtag standen Union und FDP plötzliche eine – rein rechnerische – linke Mehrheit gegenüber. Und Koch wurde erneut totgesagt.

Doch der Ministerpräsident blieb geschäftsführend im Amt und behielt die Nerven. Die SPD scheiterte dann – wie bekannt – grandios bei den Versuchen, eine Regierung zu bilden und Koch abzuwählen.

Seit den Neuwahlen im Januar dieses Jahres ist Koch wieder ordentlicher Ministerpräsident; auch wenn er zum Regieren jetzt wieder die FDP braucht. Jetzt heißt es: Das Sieger-Gen sei ihm abhanden gekommen, seit bei seiner Wahl zum Ministerpräsidenten ein paar Gegenstimmen aus den eigenen Reihen in der Wahlurne lagen. Auch habe er sich bei der Regierungsbildung von der FDP erpressen lassen.

Von seinen sieben Leben hat die schwarze Katze Koch allerdings erst drei aufgebraucht. Und einen Titel macht ihm sowieso wohl bis an sein Lebensende kein anderer Politiker mehr streitig: Lieblingsfeind der Linken. Da ist er ganz stolz drauf. Und entkorkt daheim im Weinkeller einen Château Petrus Pomerol AC – Jahrgang 1999.