Neustart bei Menschenrechten gefordert: Schutzschirm für Flüchtlinge

Amnesty International und Pro Asyl fordern Neuanfang: Merkel habe sich nur für Menschenrechts-Verletzungen im Ausland interessiert. Vor allem das Innenministerium steht in der Kritik.

Aktion "Hiergeblieben" gegen Abschiebungen. Bild: zeitrafferin - Lizenz: CC-BY

BERLIN taz | Amnesty International und Pro Asyl erwarten von der neuen Bundesregierung einen "Neuanfang" in Sachen Menschenrechte. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten die beiden Organisationen am Mittwoch einen Forderungskatalog zur Migrations- und Asylpolitik vor. Im Koalitionsvertrag müsse dringend ein "Schutzschirm für Flüchtlinge verankert werden", ermahnten sie.

Angela Merkel habe im Gegensatz zu ihrem Vorgänger, Bundeskanzler Gerhard Schröder, "Menschenrechtsfragen immer thematisiert", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. "Aber leider nur, wenn sie weit weg waren." In ihrem eigenen Machtbereich habe sie toleriert, dass vor allem das Innenministerium "faktisch menschenrechtswidrige Politik" betrieben habe.

Burkhardt und der Amnesty-International-Abteilungsleiter Wolfgang Grenz hoffen nun auf den neuen Koalitionspartner FDP. Von dem gebe es sehr klare Bekenntnisse zur Achtung der Menschenrechte - ebenso wie von einzelnen CDU-Politikern. "Das ist jetzt eine Glaubwürdigkeitsfrage", betonte Grenz.

Konkret forderte er ein Ende sogenannter "Kettenduldungen". Derzeit leben rund 100.000 Flüchtlinge in Deutschland nur mit dem immer wieder zu erneuerndem Status einer Duldung - rund 60.000 von ihnen schon seit über sechs Jahren. Nur ein Bruchteil falle unter die im Dezember auslaufende Bleiberechtsregelung. Zwar hätten durch sie knapp 40.000 Menschen einen Aufenthaltsstatus bekommen, die allermeisten von ihnen jedoch nur auf Probe. Burkhardt schätzt, dass Ende des Jahres etwa 20.000 von ihnen erneut in den Status der Kettenduldung fallen werden. "Wer lange hier lebt, soll bleiben dürfen, und zwar ohne Wenn und Aber", sagte Burkhardt. Außerdem müsse die Unterbringung von derzeit etwa 80.000 Asylbewerbern in Lagern gestoppt werden. "Man hält sie künstlich weg von der Gesellschaft und vom Arbeitsmarkt, das gehört dringend auf die Tagesordnung", sagte Burkhardt.

Zudem solle die neue Bundesregierung auch ihre Politik auf EU-Ebene korrigieren. Berlin sei politisch mitverantwortlich dafür, dass Menschen im Mittelmeer abgefangen und in Nicht-EU-Länder zurückgeschoben würden, sagte Grenz. "Es gibt überhaupt keine Rechtfertigung dafür, diese Menschen vor jedem Asylverfahren nach Libyen zu schaffen, wo es massenhafte Übergriffe gibt." Die Bundesregierung müsse anerkennen, dass das Mittelmeer "kein menschenrechtsfreier Raum" sei.

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