NRW-Linke uneins über Kurs: Zwischen Opposition und Regierung

Nordrhein-Westfalens Linke haben Landeschef Zimmermann auf dem Personalparteitag wegen seinem klaren Bekenntnis zu einer Regierungsbeteiligung abgestraft.

Entscheidung über das Personal: Linke-Landesparteitag in Mülheim. Bild: dpa

MÜLHEIM taz Nordrhein-Westfalens Linke ziehen mit der Lehrerin Bärbel Beuermann und dem Gewerkschafter Wolfgang Zimmermann als Spitzenkandidaten in den Landtagswahlkampf. Beuermann, ehemals stellvertretende PDS-Landeschefin, erhielt 84 Prozent der Stimmen. Für den aus der Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG) stammenden Landesparteichef Zimmermann votierten auf dem Personalparteitag der NRW-Linken am Wochenende in Mülheim an der Ruhr dagegen nur 64,5 Prozent der 222 Delegierten.

Abgestraft wurde Zimmermann damit für sein klares Bekenntnis zu einer Regierungsbeteiligung: "In der Opposition bleiben dürfen wir nicht. Wir wollen regieren, aber ohne unsere Inhalte zu verraten", so der 59-Jährige in seiner Bewerbung. Auch Zimmermann selbst erklärte sein schlechtes Abschneiden mit seinem pragmatischen Kurs: Innerhalb seines Landesverbands stehe ein "nicht unerheblicher Teil der Zusammenarbeit mit anderen Parteien mehr als skeptisch gegenüber". Besonders in der auch parteiintern als radikal geltenden Strömung der Antikapitalistischen Linken (ALK) sind die Vorbehalte gegen jede Zusammenarbeit mit SPD und Grünen groß - obwohl Zimmermann selbst zur AKL zählt.

Dabei hat Rot-Rot-Grün im bevölkerungsreichsten Bundesland durchaus die Chance, im Mai die schwarz-gelbe Koalition von CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers abzulösen: Nach einer aktuellen, vom WDR in Auftrag gegebenen Umfrage von Infratest Dimap kommt die CDU in NRW derzeit auf 36 Prozent der Stimmen, die FDP auf 10 Prozent. Die SPD liegt bei 30, die Grünen kommen auf 11 Prozent. Zusammen mit den 8 Prozent der Linken liegt Rot-Rot-Grün damit nicht nur drei Prozentpunkte vor Schwarz-Gelb - sogar eine absolute Mehrheit für ein denkbares linkes Lager rückt in Reichweite.

SPD-Landeschefin Hannelore Kraft aber erklärt die Linke unter Verweis auf deren Forderungen nach einer Vergesellschaftung etwa von Energiekonzernen wie RWE und der Legalisierung von Cannabis für "nicht koalitions- und regierungsfähig" und lehnt auch eine mögliche Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung durch die Linken ab: "Wir setzen auf eine stabile und sichere Mehrheit." Und die Grünen wollen einen eigenständigen Wahlkampf machen: "Der Ausgang der Wahl ist völlig offen", so Landtagsfraktionschefin Sylvia Löhrmann in Reaktion auf die neue Umfrage. Die Grünen wollen bei der Wahl noch vor der FDP auf Platz drei landen und so offen für verschiedene Bündnispartner sein.

Doch auch die Linke weicht jeder Koalitionsaussage aus: "Wir wollen Schwarz-Gelb ablösen", sagt Spitzenkandidatin Beuermann zwar. "Wir können auch aus der Opposition gute Arbeit machen", betont die Vertreterin der im Vergleich zur AKL als gemäßigt geltenden Strömung der Sozialistischen Linken (SL) aber auch.

Dennoch zeigten die Delegierten Bewegung und wählten etwa auf Platz drei der Landesliste nicht die stramm linke ALK-Vertreterin Edith Fröse, sondern die Sozialarbeiterin Carolin Butterwegge von der SL, die im Büro des einzigen linken Landtagsabgeordneten Rüdiger Sagel arbeitet. "Bei uns entscheiden die Mitglieder", betont auch der Ex-Grüne Sagel: "Nach der Wahl wird ein Parteitag bewerten, ob und wie weit sich SPD und Grüne bewegt haben."

Der zum Ende des Parteitags eingeflogene Bundesparteichef der Linken, Gregor Gysi, warnte seine nordrhein-westfälischen GenossInnen dagegen vor Fundamentalopposition: "Wenn SPD und Grüne auf uns zugehen, wenn die 80 Prozent unserer Inhalte umsetzen wollen und wir die dann trotzdem in Richtung CDU und FDP treiben - dann machen wir das nur ein Mal."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.