Der Islam soll an die Küchentische

ISLAMKONFERENZ Zum Auftakt der zweiten Runde gibt sich das Plenum vier klare Arbeitsaufträge

Eine Studie soll beleuchten, welche Rolle der Islam bei Geschlechterrollen spielt

BERLIN taz | Wie schwierig künftig die Konsensfindung in der Islamkonferenz sein wird, war am Montag gleich an der Eingangstür des Deutschen Historischen Museums zu besichtigen. Neben der offiziellen Verlautbarung zum künftigen Arbeitsprogramm der Konferenz lagen dort Stellungnahmen der Türkisch-Islamischen Union DITIB und des Verbands der islamischen Kulturzentren (VIKZ). Die beiden Dachverbände, die trotz der mitunter heftigen Auseinandersetzungen der letzten Wochen in der Islamkonferenz verblieben sind, kritisieren die „Schwerpunktsetzung auf gesellschaftliche Randthemen und vorgefertigte Werturteile“, wie es in dem Papier des VIKZ heißt.

Letztlich aber haben sie dem Arbeitsprogramm dann doch zugestimmt. Es sei „einvernehmlich“ beschlossen worden, betonte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) nach dem ersten Plenum der Islamkonferenz in neuer Besetzung und unter seiner Führung. De Maiziere will die Islamkonferenz „praktischer machen und raus auf die Straße, in die Schulen, in die Moscheen und an die Küchentische“ bringen. So soll ein Modellkonzept für die landes- und gesellschaftliche Fortbildung von Imamen ebenso erarbeitet werden wie ein bundesweites Modell zum islamischen Religionsunterricht, das die Länder übernehmen können. Allerdings gibt es den islamischen Religionsunterricht als Modellprojekte in einzelnen Bundesländern bereits seit vielen Jahren.

Die Islamkonferenz will zudem eine Studie in Auftrag geben, die beleuchten soll, welche Rolle der Islam bei der Vorstellung von Geschlechterrollen spielt, oder ob diese nicht eher kulturell oder schichtspezifisch geprägt sind. Zudem will die Islamkonferenz eine gemeinsame Grenze zwischen Islam und Islamismus ziehen.

An dem vierstündigen Treffen nahmen sechs Verbände teil, darunter die Alevitische Gemeinde Deutschland und die säkular ausgerichtete Türkische Gemeinde. Außerdem waren zehn einzelne Muslime sowie Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen dabei. Zwei wichtige islamische Dachverbände fehlten. Den Islamrat hatte der Innenminister suspendiert, weil gegen führende Vertreter der Mitgliedsorganisation Milli Görüs unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt wird. Der Zentralrat der Muslime hat seine Teilnahme abgesagt. Er ist mit der personellen Besetzung und der inhaltlichen Ausrichtung nicht einverstanden.

De Maiziere betonte, dass die Islamkonferenz eine Dialogplattform sei – keine Vertretung der Muslime und auch kein Religionsseminar. Der Politologe Hamed Abdel-Samad, als Einzelperson in der Islamkonferenz vertreten, versteht diese als eine „Art Verhandlungsprozess“. Es gehe darum, rechtliche Rahmenbedingungen für die Institutionalisierung des Islams zu finden. Innerislamisch müsse geklärt werden, welcher Islam in Deutschland unterrichtet werden solle und welche Rolle die Verbände dabei spielen könnten. Die Theologin Hamideh Mohagheghi, die aus dem Iran stammt und als unabhängige Muslima an der Islamkonferenz teilnimmt, warnte davor, soziale Probleme entweder religiös zu überfrachten oder zu behaupten, sie hätten nichts mit der Religion zu tun: „Wir müssen einen Mittelweg finden.“ SABINE AM ORDE