Protest gegen bittere Pille

GESUNDHEIT Kassen, Patienten und Arznei-TÜV wehren sich dagegen, dass die Koalition mehr Einfluss auf die Bewertung neuer Medikamente nehmen will

BERLIN taz | Der Widerstand gegen Pläne der Bundesregierung, ihr mehr Einfluss auf die Nutzenbewertung neuer Medikamente zu geben, wächst. Kassen- und Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und die Arzneiprüfstelle IQWiG sehen durch das Vorhaben das Ziel in Gefahr, die Wirksamkeit neuer Präparate besser und zügiger zu überprüfen. Der neue Leiter des IQWiG, Jürgen Windeler, befürchtet, „dass das Niveau der Nutzenbewertung sinkt“. Der G-BA-Vorsitzende Rainer Hess moniert: „So eine Regelung führt weder zu mehr Klarheit noch zu mehr Schnelligkeit.“

Vergangene Woche war bekannt geworden, dass die Koalitionsfraktionen die Reformpläne für das Gesundheitssystem in einem entscheidenden Punkt ändern wollen. Ein gemeinsamer Änderungsantrag von CDU/CSU und FDP sieht vor, dass das Bundesgesundheitsministerium durch eine Rechtsverordnung die Einzelheiten zur Bewertung neuer Medikamente regeln soll. Dies hatte der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) fast wortgleich vorgeschlagen. Auch der Patientenvertreter im G-BA, Stefan Etgeton, erklärte, er sei dafür, den Koalitionsantrag „möglichst schnell wieder in der Schublade verschwinden zu lassen“.

Zuvor war geplant, dass der G-BA die wichtigen Details regelt – möglichst unabhängig von der Politik. Die Arzneiprüfstelle IQWiG beauftragt externe Institute, die Wirksamkeit neuer Medikamente und Behandlungen zu überprüfen. Der G-BA, in dem Vertreter von Krankenkassen, Kliniken, Ärzten und Patienten sitzen, legt daraufhin fest, ob Kassen ihren Versicherten die Kosten dieser Arzneien und Kuren erstatten müssen.

Neue Medikamente zählen zu den Kostentreibern im Gesundheitssystem. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) hatte Anfang des Jahres angekündigt, er wolle durch bessere Kontrollen diese Preissteigerungen zügeln und so Versicherten und Kassen Geld sparen.

MATTHIAS LOHRE