Schärfer gegen Zwangsehen

KOALITION Die Regierung will Opfer von Zwangsehen besser unterstützen – und mehr gegen „Integrationsverweigerer“ unternehmen. Viel davon ist Symbolik

BERLIN taz | Die Bundesregierung will schärfer gegen Zwangsehen vorgehen. Ausländische Opfer von Zwangsehen, die etwa in den Ferien in ihren Herkunftsländern verheiratet wurden, sollen ein eigenständiges Wiederkehrrecht nach Deutschland erhalten. Umstritten ist aber in der Koalition nach taz-Informationen noch, wie lange dies gelten soll, nachdem es Frauen gelungen ist, sich im Ausland von ihren Männern zu trennen. Zudem sollen Zwangsehen bis zu drei Jahre nach der Heirat aufgehoben werden können, bisher war es nur ein Jahr.

Weitgehend symbolischen Charakter hat hingegen, dass Zwangsheirat als eigener Paragraf im Strafgesetzbuch verankert werden soll. Wer jemanden mit Gewalt oder durch Drohung zur Heirat nötigt, soll mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden können, heißt es in dem zwischen Innenministerium und Justizministerium abgestimmten Gesetzentwurf. Doch auch heute schon können Zwangsehen als schwere Nötigung mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Das Kabinett will das Gesetz nächste Woche beschließen.

Für Deutschland gibt es keine belastbaren Zahlen zu der Verbreitung von Zwangsehen, Terre des Femmes geht aber von über 1.000 Fällen pro Jahr bundesweit aus. Im Frühjahr will die Frauenrechtsorganisation neue Ergebnisse einer Studie präsentieren.

Unklar ist, inwiefern Schwarz-Gelb kommende Woche im Kabinett auch ein schärferes Vorgehen gegen „Integrationsverweigerer“ beschließen wird. Bisher ist noch nicht einmal klar, wie viele Einwanderer nicht an für sie verpflichtenden Integrationskursen teilnehmen oder sie abbrechen – und was in diesen Fällen jeweils passiert. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) wollte dazu in dieser Woche bei den Ländern frische Zahlen einholen. Mehrere Politiker der Union fordern dennoch schon jetzt lautstark schärfere Sanktionen gegen Integrationskursschwänzer. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lehnt das allerdings ab. „Wir brauchen keine neuen Sanktionen“, sagte sie am Dienstag. „Es gibt wirksame Sanktionsmöglichkeiten von Kürzungen der Sozialleistungen bis hin zur Beendigung des Aufenthaltsstatus.“

Worauf sich die Koalition aber wohl schon kommenden Mittwoch einigen wird: Die Ausländerbehörden sollen vor der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis explizit verpflichtet werden, zu überprüfen, ob die Antragsteller ihrer Pflicht zur Teilnahme an Integrationskursen nachgekommen sind.

WOLF SCHMIDT