Ein bisschen mehr Bewegungsfreiheit

INTEGRATION Die Bundesregierung will die Residenzpflicht für Asylbewerber und Geduldete lockern – und härter gegen Zwangsheiraten, Scheinehen und schwänzende Integrationskursteilnehmer vorgehen

BERLIN taz | Asylbewerber und geduldete Ausländer sollen sich etwas freier in Deutschland bewegen können. Das Bundeskabinett will am Mittwoch einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Lockerung der sogenannten Residenzpflicht verabschieden, der der taz vorliegt. „Der Aufenthalt von Asylbewerbern ist räumlich auf das Gebiet einer Ausländerbehörde, der Aufenthalt von Geduldeten auf das Gebiet eines Landes beschränkt“, heißt es dort. Diese Beschränkungen sollen „zur Ausübung einer Beschäftigung, des Schulbesuchs, einer Ausbildung oder eines Studiums“ gelockert werden. Demnach könnte in Zukunft ein in Frankfurt lebender Asylbewerber in Hannover studieren.

„Das ist eine Verbesserung“, sagte Pro-Asyl-Rechtsexpertin Marei Pelzer. „Aber der Schritt geht uns nicht weit genug.“ Die Residenzpflicht für Asylsuchende und Geduldete gehöre komplett abgeschafft. Nach Angaben von Pro Asyl können sich momentan wegen ihr mehr als 150.000 Menschen in Deutschland nicht frei bewegen.

Darüber hinaus wird das Kabinett am Mittwoch einige Verschärfungen beschließen. So soll Zwangsheirat als eigener Paragraf im Strafgesetzbuch verankert werden. Doch auch heute schon können Zwangsehen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Zudem sollen ausländische Opfer von Zwangsehen, die etwa in den Ferien in ihren Herkunftsländern verheiratet wurden, ein eigenständiges Wiederkehrrecht nach Deutschland erhalten. Auch Scheinehen will Schwarz-Gelb schärfer bekämpfen. So sollen Ehen statt bisher zwei mindestens drei Jahre bestehen müssen, bevor sie einem Partner aus dem Ausland zu einem eigenen Aufenthaltstitel verhelfen. Das hält die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes für kontraproduktiv, da es für zwangsverheiratete Frauen „ein Jahr länger in der Ehehölle“ bedeute.

Mehrere Unionspolitiker hatten in den vergangenen Tagen zudem mehr Härte gegen „Integrationsverweigerer“ angekündigt. Im Gesetzentwurf wird jedoch lediglich klargestellt, dass Ausländerbehörden vor Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis feststellen müssen, ob an Pflicht-Integrationskursen teilgenommen wurde. Schon heute kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei Nichtteilnahme abgelehnt werden. Weitergehende Sanktionen lehnt die FDP ab. WOLF SCHMIDT