Zentralrat droht mit Boykott

VERTRIEBENENSTIFTUNG Zentralrat der Juden verlangt, Zusammenhang mit NS-Verbrechen darzustellen

BERLIN apn | Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert eine Neuausrichtung der umstrittenen Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung und droht andernfalls mit Boykott. Dem Nachrichtenmagazin Spiegel erklärte Salomon Korn, Vertreter des Zentralrats im Stiftungsrat: Wenn das Thema Vertreibung „nicht im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg und dem nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen“ dargestellt werde, werde er sein Amt zunächst ruhen lassen. Gegebenenfalls werde der Zentralrat das Gremium auch verlassen, sagte Korn weiter. „Wir werden keine Alibifunktion ausüben. Es gibt für uns klare Grenzen.“

Der Zentralrat der Juden kritisiert die Rolle des Bundes der Vertriebenen (BdV) in der Stiftung und verlangt, dass die Verstrickung späterer BdV-Funktionäre in der Nazizeit aufgeklärt wird.

Nach Informationen des Spiegels hatte auch der Vertreter des Zentralrats im Wissenschaftlichen Beraterkreis, der Frankfurter Historiker Raphael Gross, deshalb intern mit seinem Rücktritt gedroht.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat seine Kritik an der Stiftung ebenfalls unterstrichen. „Durch den Rückzug der Nachbarn ist die Stiftungsidee im Kern gefährdet“, sagte er. Wissenschaftler aus Tschechien und Polen hatten ihren Rücktritt erklärt. „Das darf nicht zu einer rein deutschen Angelegenheit werden“, meinte Thierse.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) räumte ein, dass es in der Vergangenheit „erhebliche Kontroversen“ gegeben habe. Bald herrsche aber hoffentlich wieder „volle Konzentration auf die inhaltliche Arbeit“. Die Forderung nach Aufarbeitung der Vergangenheit des Bundes der Vertriebenen weist Neumann zurück. Das sei „nun wirklich nicht die Aufgabe der Stiftung“.