Therapie statt Verwahrung

KRIMINALITÄT Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) stellt „Gesamtkonzept“ zur Neuregelung der Sicherungsverwahrung vor. Diese muss im Strafurteil bereits enthalten sein

FREIBURG taz | Die Sicherungsverwahrung von gefährlichen Straftätern soll künftig „therapieorientiert“ erfolgen. Darauf einigten sich Bund und Länder am Donnerstag bei einer Sonderkonferenz der Justizminister in Magdeburg. Sie setzen damit zugleich Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts um, das bis 2013 eine Neuregelung gefordert hat.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) stellte am Donnerstag ein „Gesamtkonzept“ für die Reform vor. Sie hält die Sicherungsverwahrung für Täter, die auch nach Verbüßung ihrer Strafhaft noch gefährlich sind, weiter für erforderlich. Die Verwahrung müsse aber stets mit dem Strafurteil angeordnet oder vorbehalten werden. Eine nachträgliche Anordnung (während der Haft) war vom Bundestag schon Ende 2010 für Neufälle abgeschafft und im Mai 2011 vom Bundesverfassungsgericht für Altfälle beanstandet worden. Die nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung soll auch nicht mehr eingeführt werden, so die Ministerin – nicht einmal für psychisch gestörte Täter, wie manche SPD-regierte Länder nun fordern. Der Punkt war bei Redaktionsschluss noch umstritten.

Keinen Handlungsbedarf sieht die Bundesministerin bei den Anlasstaten für eine Sicherungsverwahrung. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar eine Einschränkung gefordert. Ihre Reform Ende 2010 habe die Karlsruher Vorgaben schon vorweggenommen und die Verwahrung im Wesentlichen auf Fälle von Gewalt- und Sexualkriminalität beschränkt. Eine weitere Beschränkung hält sie nicht für notwendig, obwohl auch heute noch gegen Erpresser und Drogenhändler Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann.

Einig sind sich Bund und Länder im Ultima-Ratio-Charakter der Sicherungsverwahrung. Wie von Karlsruhe gefordert, sollen die Täter während Haft und Verwahrung intensiv betreut und therapiert werden, um die Verwahrung möglichst überflüssig zu machen. Auf Wunsch der Länder wird nun während der Strafhaft alle zwei bis fünf Jahre überprüft, ob die Therapie-Angebote ausreichend sind. So sollen „Überraschungsentlassungen“ am Ende der Strafhaft verhindert werden. Auch für Täter, die nach Jugendrecht bestraft werden, will Leutheusser-Schnarrenberger die Möglichkeit zur nachträglichen Sicherungsverwahrung abschaffen. Auch hier soll die Verwahrung künftig gleich im Urteil angeordnet oder vorbehalten werden.

CHRISTIAN RATH