Neues Fortpflanzungsmedizingesetz: "Generalangriff auf die Menschenwürde"

Der Vorstoß der FDP-Abgeordneten Ulrike Flach für ein Fortpflanzungsmedizingesetz provoziert ihre Koalitionspartner von der Union.

Was ist beim Fortpflanzen erlaubt? Darüber streiten sich derzeit die Parteien. Bild: AllzweckJack / photocase.com

BERLIN taz | Eizellspende, Leihmutterschaft und Samenspende von Verstorbenen erlauben: Die Ankündigung der FDP-Bundestagsabgeordneten Ulrike Flach, in einer fraktionsübergreifenden Initiative ein neues Fortpflanzungsmedizingesetz auf den Weg zu bringen, stößt bei ihren Koalitionspartnern von der Union auf eisiges Schweigen oder veritable Zornesausbrüche.

"Der Vorstoß von Frau Flach führt zu einer Belastung der Koalition", schilt der Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU). Das von Flach propagierte Gesetz habe "den Charakter eines Generalangriffs auf die Menschenwürde".

Flach möchte die derzeit in unterschiedlichen Gesetzen oder auch gar nicht gesetzlich geregelten Verfahren der Reproduktionsmedizin in einem neuen Gesetz zu bündeln und so die Liberalisierung der Fortpflanzungsmedizin vorantreiben.

Die CDU-PolitikerInnen Ursula von der Leyen (Bundessozialministerin), Kristina Schröder (Bundesfamilienministerin) und Peter Hintze (Wirtschaftsstaatssekretär), die zuletzt in der Debatte über die Präimplantionsdiagnostik (PID) zusammen mit Ulrike Flach für eine begrenzte Zulässigkeit der PID eingetreten waren und hierbei wortreich und durch eine liberale Haltung aufgefallen waren, wollten sich zu einem Fortpflanzungsmedizingesetz nicht äußern.

Rechtsvakuum entwickelt

Unterstützung erhielt Flach dagegen aus Teilen der Opposition. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erklärte, er "begrüße die Parlamentsinitiative". In vielen Bereichen der Reproduktionsmedizin habe sich "ein Rechtsvakuum entwickelt", dem ein neues Gesetz begegnen könne. Inhaltlich jedoch sei Flachs Position "sehr radikal".

Ähnlich äußerte sich die Grünen-Abgeordnete Krista Sager: "Die Debatte um ein Fortpflanzungsmedizingesetz steht an." Regelungen, die nicht mehr zeitgemäß seien, wie etwa das Verbot der künstlichen Befruchtung für homosexuelle Paare, gehörten auf den Prüfstand. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Biggi Bender, hielte ein solches Gesetz in der Sache ebenfalls für sinnvoll, "insbesondere, um Qualitätssicherungsmaßnahmen festzuschreiben", inhaltlich jedoch für eine Provokation: "Jetzt wird deutlich, dass es Frau Flach darum geht, die Scheunentore zu öffnen für die Technisierung von Zeugung."

Die Gesundheitsexpertin der Linken, Martina Bunge, vermutete hinter der "notwendigen Diskussion um ein Gesetz, das viele widersprüchlich geregelte Sachverhalte stimmig umfassen müsste", ein Ablenkungsmanöver: So hätten die Bundesländer jüngst im Verfahren für das geplante Versorgungsstrukturgesetz gefordert, dass die künstliche Befruchtung wieder zur Hälfte von den Kassen bezahlt, allerdings die Hälfte aus Bundesmitteln erstattet werden solle.

Dies habe die Bundesregierung abgelehnt. Anstatt hier aktiv gegenzusteuern, verlagere Flach, die auch Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium ist, die Diskussion auf eine Ebene, die den Betroffenen keine zeitnahe Verbesserung bringe.

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