Kalter Krieg auf Münchner Sicherheitskonferenz

GEOPOLITIK Russischer Außenminister empört über Nato-Rakatenabwehr. Westerwelle will vermitteln

MÜNCHEN dpa/rtr/taz | In altem Blockdenken erstarrt – so boten sich die Verteidigungs- und Außenpolitiker der Welt auf der Münchner Sicherheitskonferenz den Beobachtern dar. Nicht nur in der Syrienfrage (vgl. Seite 2) – auch im Streit um das Raketenabwehrsystem für Europa redeten die Vertreter von USA und Russland kühl-konfrontativ aneinander vorbei.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow beschwerte sich über eine unangemessene Rolle Russlands bei der Raketenabwehr. US-Verteidigungsminister Leon Panetta machte aber klar, die USA und ihre Verbündeten schritten unbeirrt voran. Das System soll vor Angriffen unberechenbarer Staaten wie dem Iran schützen, auch die Patriot-Raketen der Bundeswehr sollen Teil davon werden. Russland befürchtet, dass es gegen seine Raketen gerichtet werden könnte. Moskaus Forderung nach einer Mitentscheidung beim Einsatz wird von der Nato abgelehnt.

Lawrow warnte: In Russland schrillten die Alarmglocken. Das Verhältnis zur Nato müsse auf Gleichheit und gegenseitiger Achtung beruhen. Davon seien die Verhandlungen weit entfernt: „Ich sehe kein Licht am Ende des Tunnels.“

Es sah in München nicht aus, als sei zum Nato-Gipfel im Mai in Chicago, wo der Aufbau der Raketenabwehr bis 2020 festgezurrt werden soll, Einigkeit möglich. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kündigte aber an, „mit Nachdruck“ daran arbeiten zu wollen.

Nato will effektiv werden

Um das Schrumpfen der Wehr-Etats als Konsequenz der Finanzkrise wettzumachen, will die Nato künftig mit dem Konzept „Smart Defence“ auf Effizienz setzen. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte: „Eine effektive Zusammenarbeit bedeutet nicht, dass jeder die gleiche Ausrüstung kauft.“ Sondern „jeder sollte die Ausrüstung effektiv nutzen können, und zwar zusammen mit anderen Nationen“.

Mit den Sparmaßnahmen, der strategischen Neuausrichtung der USA und dem Ende des Afghanistaneinsatzes kommen drei große Veränderungen auf die Nato zu. Teil der neuen US-Strategie ist auch, dass die USA zwei ihrer vier Kampfbrigaden aus Europa abziehen wollen. Überraschend kündigte US-Verteidigungsminister Panetta aber an, dass die USA als Beteiligung an der Nato Response Force nun ein Bataillon Bodentruppen zu Übungszwecken nach Europa schicken wollten. Dies wertete die Bundesregierung als Chance für die bedrohten US-Standorte Grafenwöhr und Baumholder.