Steinbrück soll seine Nebeneinkünfte offenlegen

MACHT UND GELD Nach Union und FDP fordert auch SPD-Linker Transparenz vom Kanzlerkandidaten

BERLIN dapd/rtr/taz | Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gerät wegen seiner Nebeneinkünfte immer stärker in die Kritik. Der Vorsitzende des SPD-Arbeitnehmerflügels, Klaus Barthel, forderte Steinbrück am Mittwoch auf, seine kompletten Nebeneinkünfte und seine Steuererklärung öffentlich zu machen. Auch CSU-Chef Horst Seehofer forderte von Steinbrück volle Transparenz ein. Nach einem Medienbericht hielt der SPD-Politiker 2011 einen bezahlten Vortrag bei einer Kanzlei, die 2008 im Auftrag des von ihm geführten Finanzministeriums ein Gesetz zur Bankenrettung erarbeitete. „Jetzt ist wirklich eine rote Linie überschritten“, sagte Linkspartei-Chef Bernd Riexinger.

Steinbrück hat mit Vorträgen in den vergangenen drei Jahren mehrere hunderttausend Euro verdient. Nach seiner Nominierung kündigte er an, auf bezahlte Vorträge ab sofort zu verzichten.

Seehofer sagte, für Nebeneinkünfte gebe es im Bundestag klare Regeln. „Wer Transparenz von anderen, etwa von den Banken, einfordert, muss sich daran messen lassen und darf sich nicht wundern, wenn sie von ihm persönlich eingefordert wird“, sagte der bayerische Ministerpräsident der Bild-Zeitung.

Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), Barthel, sagte der Bild, rechtlich sei das Verhalten Steinbrücks völlig in Ordnung. „Aber es wäre sinnvoll, wenn Peer Steinbrück selbst noch detaillierte Angaben macht, zum Beispiel wie Sigmar Gabriel seine Steuererklärung veröffentlicht.“ Steinbrück lehnt eine Veröffentlichung seiner Steuererklärung ab und begründete dies jüngst in einem Interview unter anderem damit, dass er mit seiner Frau zusammen veranlagt werde und er deren Vermögenslage schützen werde.

Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtete am Mittwoch unter Berufung auf Steinbrücks Homepage, der Minister habe 2011 einen bezahlten Vortrag bei der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer gehalten, die 2008 für das Finanzministerium das Finanzmarktstabilisierungsgesetz erarbeitet habe. „Es hat mehr als ein Geschmäckle, wenn man als Minister eine Lobbykanzlei ein milliardenschweres Bankenrettungsgesetz schreiben lässt und danach bei derselben Kanzlei für ein Fantasiehonorar als Referent auftritt“, sagte Linkspartei-Chef Riexinger der Zeitung. „Da verwischen die Grenzen zwischen Staat und Banken auf gefährliche Weise.“

Demgegenüber urteilte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, Union und FDP handelten in dieser Frage „heuchlerisch“: „Sie werfen die Defizite der aktuellen Verhaltensregeln Steinbrück vor, obwohl sie allein von Union und FDP zu verantworten sind“, sagte Beck. „Seit drei Jahren verhandeln wir mit der Koalition über eine Änderung der Verhaltensregeln für Abgeordnete in der Rechtsstellungskommission des Ältestenrates ohne konkretes Resultat.“

Nach der Entscheidung der SPD für Steinbrück als ihren Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl hat die Partei in der Sonntagsfrage leicht hinzugewonnen. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Magazins Stern stieg ihr Wert am Tag der Kandidatenverkündung von 27 auf 29 Prozent.