Kein Zwist bei Rot-Rot

BRANDENBURG SPD und Linke einigen sich rasch auf einen Koalitionsvertrag, der mehr Lehrer und weniger Verwaltung vorsieht. Die Grünen kritisieren Vages zur Braunkohle

Die Zahl der Polizisten soll, anders als mal geplant, nicht unter 7.800 sinken

VON STEFAN REINECKE

BERLIN taz | Rot-Rot ist sich schnell einig geworden. Reibungslos waren die Verhandlungen, loben beide Seiten. In dem Koalitionsvertrag, den SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke und Linksparteichef Christian Görke am Freitag in Potsdam präsentieren, gibt es keine Sensationen. Die zentralen Punkte sind: mehr Geld für Bildung, eine Verwaltungsreform, die für Ärger sorgen wird, und ein Formelkompromiss bei der Braunkohle.

In der Linkspartei glaubt man, eingedenk der Schwächung durch das miese Wahlergebnis, von der SPD recht viel bekommen zu haben. Auf der Habenseite steht für Görke & Co, dass in den nächsten fünf Jahren 4.300 neue LehrerInnen eingestellt werden. Die Linkspartei hatte 4.400 verlangt, die SPD wollte 4.000. Im Koalitionsvertrag ist zudem die Möglichkeit verbrieft, dass sich Schulen zu Zentren zusammenschließen können. Die Linkspartei verspricht sich davon, dass diese faktisch zu jenen Gemeinschaftsschulen werden, die sie fordert. Auch bei Kitas verzeichnet die Linkspartei einen Erfolg: Künftig soll eine Erzieherin nicht mehr für sechs, sondern für fünf Kinder unter drei Jahren verantwortlich sein. „Das ist linke Handschrift“, so Christian Görke. Und: Die Zahl der Polizisten soll, anders als mal geplant, nicht unter 7.800 sinken.

Als schwierig, aber unvermeidlich gilt bei SPD und Linkspartei die Kreisgebietsreform. Nicht nur das Wort, auch das Thema ist sperrig. Die Frage lautet: Wie viel Staat kann man sich noch leisten, wenn die Einwohnerzahl sinkt? Der Landkreis Uckermark ist größer als das Saarland. 1990 hatte er noch 175.000 Einwohner, 2013 werden es nur noch knapp 100.000 sein. Laut den rot-roten Plänen könnte die Uckermark mit dem Barnim fusioniert werden – zu einem Landkreis, der so groß ist wie ein Drittel von Thüringen.

Rot-Rot folgt dabei dem Konzept einer Enquetekommission des Landtags. Rot-Rot will diese Reform aber nicht als reine Anweisung von oben durchsetzen. Woidke schwebt eine „offene Leitbilddebatte“ vor. Deshalb ist im Koalitionsvertrag viel Konkretes offen. Sicher ist: Es wird nicht mehr 14 Landkreise geben, sondern höchstens 10.

Also alles gut für die Linkspartei? Nicht ganz. Bei der Energie hat sich die SPD durchgesetzt. Der Vertrag enthält in Sachen Braunkohle viel deutungsoffene Formeln. Hintergrund ist, dass der schwedische Staatskonzern Vattenfall, der in der Lausitz mit Braunkohle Geschäfte macht, eventuell aus der Braunkohle aussteigen will. Die Entscheidung, ob es weitere Tageabbaugebiete in der Lausitz geben wird, fällt erst mal in Schweden. SPD-Leute aus Potsdam antichambrieren in Stockholm, damit Vattenfall sein Geschäft fortführt.

Axel Vogel, Fraktionschef der Grünen in Potsdam, kritisiert: „Die Linkspartei tappt damit in die gleiche Falle wie 2009.“ Damals habe die Linkspartei angekündigt, dass es keine weiteren Tagebaufelder geben werde – um dann den Abbau in Welzow-Süd durchzuwinken. Das Gleiche, so Vogel, könne bis 2019 mit Jänschwalde-Nord passieren.

Wie geht es weiter? Die Basis der Linkspartei wird bis Ende Oktober abstimmen, ob die Genossen wieder fünf Jahre Juniorpartner der SPD werden. Die Wähler hatte diese Rolle eher nicht goutiert: Die Fraktion der Linkspartei ist um ein Drittel geschrumpft. Doch dass die disziplinierte linke Basis für die Opposition votiert, ist unwahrscheinlich.