Der geniale Trauerkloß auf See

Auf der BLG-Filmwoche im Kino 46 wird Buster Keatons „The Navigator“ gezeigt

In „The Navigator“ spielt Buster Keaton einen verwöhnten Millionär, der sich nicht einmal die Schuhe zubinden kann und alleine mit seiner ähnlich ungeschickten Freundin auf einem im Meer treibenden Ozeandampfer landet.

Ein Schiff, auf dem er sich nach Herzenslust austoben konnte, hatte der Tüftler Keaton später auch noch in „Steamboat Bill Jr.“ zur Verfügung, nur hier war es einer der legendären Mississippi-Raddampfer, auf dem er wieder als zartes Bürschchen lernen muss, sich gegen seinen Vater, einen raubeinigen Kapitän, zu behaupten. Keaton arbeitete gerne mit solchen komplexen Maschinen, deren Mechanismen ihn zu seinen surrealen Gags inspirierten. Ein Fertighaus in „One Week“, die Lokomotive in „The General“, ein Kinoprojektor in „Sherlock Jr.“ und schließlich die Filmkamera selber in „The Cameraman“ bildeten im Grunde die Zentren seine Filme.

Der Plot war dagegen eigentlich immer der gleiche: das zarte, lebensuntüchtige Bürschlein lernt, sich in der Welt zu behaupten und kriegt am Schluss dann auch das Mädel.

Seine großen Komödien drehte Keaton in nur fünf Jahren zwischen 1923 bis 1928. Zehn Filme, mit denen er heute bei den Cineasten mehr Bewunderung genießt als sein Erzrivale Chaplin. Dieser hatte ihn zu Lebzeiten mit fliegendem Pathos überholt, um ihn dann in „Limelight“ so gnadenlos dadurch zu demütigen, dass er ihn in einer kleinen Nebenrolle auftreten ließ. Bunuel war in seiner Autobiographie einer der ersten, der Keaton dem sentimentalen Chaplin vorzog. Doch inzwischen gehört es unter den englischen und amerikanischen Filmleuten zum guten Ton, dass man sich als „Keaton-man“ vorstellt. So etwa Terry Jones von der Monty Python-Gang, der eine interessante Analyse des Phänomens bietet, dass die Keaton-Filme offensichtlich viel besser altern als andere Stummfilme: „Bei anderen Filmen aus dieser Zeit bleibt man sich immer dessen bewusst, dass man etwas aus einer längst vergangenen Zeit ansieht. Nur bei Keaton vergisst man dies schon nach wenigen Minuten völlig.“

Während Chaplin letztlich noch der viktorianischen Vaudeville-Tradition verpflichtet war und die Kamera „oft einfach in die erste Reihe des Theaters packte“ (David Thomson), ist Keaton auch heute noch modern. Seine Filme sind nicht nur komisch, sondern auch erstaunlich schön photographiert. So fing er etwa in „The Navigator“ die Stimmung eines riesigen, leeren Schiffes so unheimlich ein, dass man an Murnau erinnert wird. Für die Tauchergags in diesem Film erfand Keaton übrigens mal schnell die Unterwasserkamera.

Und wenn er dann für die Reparaturarbeiten am Ozeanriesen auf dem Meerboden das Schild „Danger - Man at Work“ aufstellt, unterwasser in einem Eimer Wasser schöpft, um sich darin die Hände zu waschen und schließlich ein Duell mit einem Schwertfisch ausficht, gehört dies schlicht zu den witzigsten Sequenzen der Filmgeschichte.

In dieser Woche findet die zehnte und in dieser Form letzte Filmwoche der BLG statt, also der einstigen Bremer Lagerhaus-Gesellschaft und jetzigen Bremer Logistics Group. Für alle Veranstaltungen ist der Eintritt frei, also auch für die Ausführung von „The Navigator“ am Freitag um 20.30 Uhr, bei der der Hauspianist des Kino 46 Ezzat Nashashibi wieder die Begleitung improvisieren wird. Das Programm besteht aus dem „Best of“ der vergangenen Jahre, und so kann man etwa die Mischung aus Doku und Spielfilm „Hans Warns - Mein 20. Jahrhundert“ von Gordian Maugg oder die filmische Ode an die Großsegler „Die Pamir“ von 1959 noch einmal sehen. Wilfried Hippen