Fröhliche Tagediebe

Wer zuletzt klaut, klaut am besten: Johnny Tos Kleine-Gauner-Komödie „Sparrow“ läuft in Berlin. Höhepunkt: ein minutenlanges Diebstahlsballett im strömenden Regen

Happy-Go-Lucky in Hongkong. Sich mit seinen Brüdern zum Frühstück treffen. Geübt Taschendiebstähle durchziehen. Als Hobby ein wenig fotografieren. Und wenn es regnet, fährt man mit einem Regenschirm Fahrrad. Als lockere Gaunerkomödie beginnt der Film „Sparrow“ von Johnny To – entspannte und doch stilvolle Schauspielerbewegungen und eine fröhliche Musikspur inklusive.

Dann geht die Handlung über in eine Geschichte von betrogenen Betrügern: Eine geheimnisvolle schöne Frau tritt auf und legt das Gaunerquartett einen nach dem anderen hübsch rein, und zwar so, dass sich gleich alle vier in sie verlieben. Schönste Szene: ein schweigsames Trinkduell mit Rotwein. Danach wird es alles ein wenig unübersichtlich. Um die Frau muss mit einem Unterweltboss mit dicken Autos und noch dickerer Zigarre gekämpft werden. Der Höhepunkt ist dann ein großer Showdown auf einer befahrenen Kreuzung, ein minutenlanges Diebstahlsballett im strömenden Regen mit stoischen Gesichtern und vielen wirbelnden Wassertropfen. Wer zuletzt klaut, klaut dabei am besten: Alles schnurrt in dieser großartig choreografierten Szene auf die Frage zusammen, wer schlussendlich die Brieftasche mit dem dringend benötigten Reisepass in Händen hält.

„Sparrow“ ist ein kleiner Film über das Stehlen – auch ein Film darüber, wie man sich durch den Tag stehlen kann. Die Sympathie liegt dabei unbedingt auf der Brüdergang. Sie sind fröhliche Tagediebe, die schon von ihrem zappeligen Verhalten her so gar nicht in die hierarchisierte Welt der großen Gauner hineinpassen – aber immerhin: Wenn sie sich anstrengen, können sie mithalten. Und am Schluss, wenn der ganz am Anfang zugeflogene Vogel wieder verschwunden sein wird, gibt es für alle Beteiligten auch etwas zu lernen: Der Spatz im Baum ist viel fröhlicher als der Spatz im Käfig. And your bird can sing. DIRK KNIPPHALS

„The Sparrow“. Regie: Johnny To. Mit Simon Yam, Kelly Lin, Ka Tung Lam, Lo Hoi Pang u. a. Hongkong 2008, 87 Min. – fsk Kino