berliner szenen Du Lappen

Die Kantine spricht

Tanzen gewesen. Alte Kantine. Es hat Spaß gemacht bis zirka vier Uhr, dann ist es anstrengend geworden. Das ist die Zeit, wenn plötzlich mehr Männer als Frauen auf der Tanzfläche herumwackeln. Nach dem Motto „Wer jetzt noch keine klargekriegt hat, der sollte aber ganz doll hinmachen!“ Und dann machen sie. Und wackeln. Drei gegen eine. Und alle mit verbissenem Sperma-Blick. Es gibt den Älteren, dem nichts mehr peinlich ist; den Dünnen im Anzug, seine Hundeaugen betteln um Mitleid, und den Besoffenen, der sich nur noch hinstellt und hofft, dass ihn mal eine anrempelt, damit er nachher sagen kann, er hatte Körperkontakt. Irgendwann werde ich immer ein bisschen aggressiv: „Lass mich in Ruhe, verdammte Scheiße! Ich möchte einfach nur tanzen!“ „Dann darfst du aber auch nicht hierher kommen!“ Solche Dialoge muss man führen, ist das zu glauben!

Die schönen Männer sind die, die einfach nur tanzen und vielleicht mal grinsen. Ansonsten spielen sie Luftgitarre oder fassen sich gegenseitig an den Hintern. So was mag ich. Aber von denen muss man sich fernhalten, sonst werden die Freundinnen sauer. Denn die schönen Männer kommen immer mit ihren Freundinnen.

Das eigentliche Problem war, dass mein Kumpel Matze viel zu besoffen war, um ordentlich zu tanzen. Deshalb war ich meist allein auf der Tanzfläche, während er an der Bar wildfremde Leute vollgequatscht hat und fast ein paar aufs Maul bekommen hätte. Er ist eben noch kein geübter Kantinengänger. Fremddialog an der Garderobe, nachdem sie drinnen schon das Licht angemacht haben: „Mädels, wo geht’n jetzt noch was? Geht ihr noch irgendwo hin?“ „Mann, halt doch die Fresse, du Lappen!“

LEA STREISAND