Sommermärchen an der Schlei

Schleswig-Holstein hat seine erste Landesgartenschau hinter sich gebracht, und das erfolgreich, geht es nach Landesregierung und Funktionären. Die Schleswiger freuen sich auf einen neuen Stadtpark – und ersteigern vorher erstmal allerlei Grünzeug

Ab heute werden die Rabatten geplündert: Nachdem am Wochenende die Landesgartenschau in Schleswig zu Ende ging, beginnt der Ausverkauf all des Grünzeugs, das fünf Monate lang auf den Königswiesen an der Schlei blühte. Das Geld, das durch Stauden, Kübelpflanzen, später auch Sonnenschirme und Strandkörbe erlöst wird, hilft der Stadt, die Kosten dieser Landesgartenschau – der ersten in Schleswig-Holstein – zu stemmen.

Schon jetzt ist dabei klar, dass die Zahlen besser sind, als Skeptiker es erwartet hatten: Rund 700.000 Gäste besuchten das Gelände, das sind 100.000 mehr, als Stadt und Gartenschau-GmbH angepeilt hatten. 600.000 Eintrittskarten waren nötig gewesen, um die Großveranstaltung in die Gewinnzone zu bugsieren: Über 15 Millionen Euro kostete die Schau, davon trug das Land 5,7 Millionen Euro und 2,5 Millionen die Stadt. 7,5 Millionen sollte die gemeinnützige Gartenschau-Gesellschaft aufbringen – durch Sponsorengelder, Gartenschau-Schnickschnack und Tickets.

So strahlten nun zum Abschluss diejenigen, die stets an einen Erfolg geglaubt hatten, darunter Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU), Inhaber der ersten Dauereintrittskarte: Er sein „immer davon überzeugt“ gewesen, dass die Landesgartenschau „ein echter Höhepunkt“ für Schleswig, die Region und das Land sein würde, erklärte er bei der Abschlussveranstaltung. Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher (CDU) schloss sich an: Die Erwartungen der Landesregierung hätten sich mehr als erfüllt, Schleswig habe profitiert – „städtebaulich, touristisch, wirtschaftlich und kulturell“.

Auch Stefan Wesemann von der örtlichen Industrie- und Handelskammer schwärmte jüngst in einem Interview, dass es in einzelnen Branchen Zuwächse von bis zu 20 Prozent gegeben habe. „Erfreulich“ habe sich die Gartenschau vor allem auf Gastronomie und Hotels ausgewirkt. Das Landesmuseum Schloss Gottorf zählte rund 196.000 BesucherInnen mehr als im Vorjahr – die Gartenschau-Tickets galten auch für mehrere Ausstellungen, das Wikingermuseum und den Barockgarten.

Die kritischen Stimmen in der Stadt ließ der Erfolg weitgehend verstummen: hatten anfangs viele Schleswiger beklagt, die Schau verbaue ihnen die Freifläche an der Schlei und bringe dazu den ohnehin maroden Stadthaushalt ins Wanken, marschierten bei einem Festumzug zum Abschluss rund 1.400 Einheimische mit. Wo zuvor über unnötige Kosten lamentiert wurde, stellen die verdutzten Schlei-Anrainer plötzlich ein neues „Wir-Gefühl“ fest – und das alles wegen der blühenden Landschaft am Ufer.

Fraglich ist, was aus dem Gelände wird. Zu einer Versammlung über dieses Thema kamen Anfang September immerhin 1.200 Besucher. Klar ist, dass die für die Gartenschau umgestaltete Fläche ein Stadtpark werden soll. Aber die EU, eine der Geldgeberinnen, beharrt darauf, dass die „Themengärten“, eines der Kernstücke der Anlage, rückgebaut werden müssen. „Ich bin unglücklich, dass es unmöglich erscheint, aus den Erfahrungen eines halben Jahres Landesgartenschau heraus bestehende Verträge sinnvoll zu ändern“, klagte Schleswigs Bürgervorsteherin Annelen Weiss. Die Themengärten besäßen „einzigartiges Potenzial“. Aber die EU wird wohl hart bleiben: Bis Dezember müssen sie verschwinden.

Ein weiterer Streitpunkt bei der Versammlung war übrigens, ob der Zaun um das Gelände stehen bleibt – um die Pflanzen vor Zerstörungen zu retten.ESTHER GEISSLINGER