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: Vergessen und wiederentdeckt

Während der Fotograf Robert Capa (1913–1954) weltberühmt wurde, geriet seine 1937 im Spanischen Bürgerkrieg gestorbene Freundin und Partnerin Gerta Taro in Vergessenheit – ein Prozess, zu dem auch Capa sein Scherflein beitrug. Zwar gab er 1938 in New York den Fotoband „Death in the Making“ heraus, der ihre gemeinsamen Fotos aus dem Spanischen Bürgerkrieg dokumentierte, doch schon bald setzte der Prozess des Vergessens ein. Aus ihrem gemeinsam Markenzeichen „Reportage Capa & Taro“, aber auch aus eindeutig nur von Gerta Taro stammenden Fotos wurden Capa-Fotos.

Erst Irme Schaber, die sich speziell mit den Lebensläufen von Fotografinnen und Fotografen im Exil beschäftigt, verhalf Taro wieder auf die Bildfläche. 1994 erschien ihr Buch „Gerta Taro. Fotoreporterin im spanischen Bürgerkrieg“. Damit erinnerte sie an die 1910 in Stuttgart geborene Gerta Pohorylle, Tochter einer aus Ostgalizien stammenden jüdischen Familie, für die es nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten keine Perspektive in Deutschland gab. Im März 1933 wurde sie kurzzeitig verhaftet, danach ging sie nach Paris. Hier lernte sie den ebenfalls aus Deutschland geflohenen André Friedmann kennen, hier gründeten sie gemeinsam eine Bildagentur und gaben sich klangvollere Namen, eben Capa und Taro. Im August 1936 gingen beide nach Spanien, um als Fotoreporter vom Spanischen Bürgerkrieg zu berichten.

Es sind diese Fotos, die im Mittelpunkt einer zuerst im „International Center of Photography“ in New York, seit Oktober auch in der Londoner Kunstgalerie „Barbican“ gezeigten Ausstellung stehen. Begleitend hat Irme Schaber gemeinsam mit dem Capa-Biografen Richard Whelan eine international beachtete englischsprachige Monographie herausgegeben (Steidl Verlag 2007). Immerhin mehr als 80 ihrer Vintage Prints werden in dem Katalogbuch in brillanter Weise ganzseitig dokumentiert. Fotos von den Kämpfen an den verschiedenen Fronten, den aufgebahrten Toten, Fotos vom Alltag in Kampfpausen,von Schießübungen der weiblichen Kämpferinnen am Strand von Barcelona, den Teilnehmern des „II. Internationalen Schriftstellerkongresses zur Verteidigung der Kultur“ im Juli 1937 in Valencia. Die Abfolge der Fotos durchbrechen farbige, zum Teil doppelseitige Reproduktionen aus Zeitungen und Illustrierten wie Ce Soir und Regards oder der Prager Volks-Illustrierten, in denen die Reportagefotografien Gerta Taros erschienen sind. Ihr Grab in Paris gestaltete der Bildhauer Alberto Giacometti. Seit Freitag hat nun auch ihre Geburtsstadt Stuttgart einen nach ihr benannten Platz.

WILFRIED WEINKE