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: Unumstrittener Nachfolger

„Die schwedische Akademie hat es tatsächlich einmal geschafft, eine so gut wie unumstrittene Entscheidung zu treffen“, kommentiert die Tageszeitung Helsinborgs Dagblad am Montag die Wahl von Peter Englund als Nachfolger Horace Engdahls im Amt des Vorsitzenden der Literaturnobelpreisjury. Und die Stockholmer Dagens Nyheter titelt: „Der Richtige“. Englund war wohl der Einzige in der derzeit auf fünfzehn Mitglieder geschrumpften Versammlung „De aderton“ („Die Achtzehn“), wie die Akademie in Schweden genannt wird, der mit seinem kommunikativen Vermögen und Charisma dem zehn Jahre lang amtierenden Engdahl einigermaßen das Wasser reichen kann.

Die Reaktionen auf den Historiker und Schriftsteller Peter Englund als neuen „ständigen Sekretär“ waren deshalb auch durchweg positiv. Die offizielle Begründung für das Ausscheiden des in letzter Zeit mehrfach in die Kritik geratenen Horace Engdahl wird von den meisten Medien nicht in Frage gestellt. Es sei verständlich, dass dieser sich mit 60 Jahren zurückziehe und vor allem mehr Zeit mit Ehefrau Ebba Witt-Brattström verbringen wolle, die im Oktober eine dreijährige Gastprofessur an der Humboldt-Universität angetreten hat.

Zweifel, ob diese privaten Gründe die ganze Wahrheit hinter seinem Entschluss sind, darf man aber haben. Zu offensichtlich hatte Engdahl seine Rolle im internationalen Rampenlicht genossen, zu deutlich hatte er in früheren Interviews darauf verwiesen, dass ihm ja noch zehn Jahre Zeit blieben, bevor er nach den Statuten den Posten an der Spitze der Akademie räumen müsse. Und zu einsam war er zuletzt mit der Meinung gewesen, dass die Verfolgung von Schriftstellern wie Roberto Saviano und Salman Rushdie eine rein „polizeiliche Angelegenheit“ sei und das Literaturnobelpreisgremium nichts angehe. Engdahl selbst freute sich in einem Interview, im Juni nach Berlin zu ziehen, „um dort in Cafés herumsitzen und deutlich meine Meinung sagen zu können“. Etwas, was man ihm ja öfters übel genommen hatte – „man hat da wohl meine persönliche Meinung mit der der Akademie verwechselt“ –, so zuletzt, als er im Herbst die gesamte US-amerikanische Literatur als nicht nobelpreiswürdig einstufte. Nun ist er also weg. Die Frage muss erlaubt sein: Bekommen nun Philip Roth, Thomas Pynchon und Bob Dylan den Preis?

Dass Nachfolger Englund nicht nur der Frack gut steht, sondern er sich mit kontroversen Einschätzungen ähnlich wie Horace Engdahl profilieren und damit in die Schlagzeilen bringen dürfte, davon ist die Dichterin und Akademiemitglied Kristina Lung überzeugt: „Peter ist der perfekte Nachfolger.“ Er habe das „umfassende Wissen, das notwendig ist, und ein unneurotisches, gleichzeitig aber respektvolles Verhältnis“ gegenüber der Akademie. REINHARD WOLFF