Kubanisches Filmfest auf Reisen

In der Schauburg werden Filme des Filmfestivals von Havanna nachgespielt

Von Wilfried Hippen

Einer der Höhepunkte des kulturellen Lebens aus Kuba ist seit den späten 70er Jahren das „Internationale Filmfestival des Neuen Lateinamerikanischen Films“, mit dem auf dem amerikanischen Kontinent ein Gegenpol zum übermächtigen Hollywood gebildet werden sollte. Alljährlich im Dezember ging und geht es in den Tagen des Festivals liberaler zu als sonst, und die Kubaner stürmen in Massen die Kinos von Havanna, in denen Filme zu sehen sind, die sonst von der Zensur einkassiert werden. Zu den Gewinnern der Hauptpreise (statt Löwen und Bären sind es auf der Insel Korallen) gehörten in den letzten Jahren „Stilles Licht“ aus Mexiko, „Whisky“ aus Uruguay, „City of God“ aus Brasilien und mit „Suite Habana“ vor fünf Jahren sogar einmal eine einheimische Dokumentation. Wie einige andere Festivalteilnehmer kamen diese Filme auch in die deutschen Programmkinos, und so liegt es im Grunde nahe, hier einen Teil des Festivals nachzuspielen.

Die zwischen Freitag und Sonntag in dem Bremer Kino Schauburg gezeigten Filme haben bereits einen Verleih in Deutschland und so sind dies im Grunde eine Handvoll von Vorpremieren. Der argentinische Film „Leonera“ hat sogar unter dem Titel „Löwenkäfig“ in dieser Woche seinen normalen Kinostart. In diesem düsteren Drama wird von einer Frau erzählt, die als Schwangere ins Gefängnis gesteckt wird, dort ihre Tochter gebiert und darum kämpft, dass sie ihr nicht weggenommen wird.

Nachdem mit „Whisky“ Uruguay als Filmland im Grunde erst entdeckt wurde, kommt von dort nun von dort mit „Gigante“ von Adrián Biniez ein ähnlich leiser und melancholischer Film. Der Gigant des Titels ist der übergewichtige Ladendetektiv in einem Supermarkt, der nachts auf dem Monitor einer der Überwachungskameras eine Putzfrau sieht und sich in sie verliebt, aber nicht den Mut aufbringt, sie anzusprechen.

Eine Zeit lang durften US-amerikanische Filmemacher ihre Filme überhaupt nicht in Havanna zeigen, und Oliver Stone bekam Ärger, als er es trotzdem tat. Steven Soderberghs „Che“ musste aber einfach auf diesem Festival laufen, denn der Regisseur hat sich alle Mühe gegeben, ihn so lateinamerikanisch wie es ihm nur möglich war erscheinen zu lassen. Im Grunde sind die beiden Teile, die zusammen etwas über vier Stunden lang sind, Literaturverfilmungen, denn sie basieren auf zwei Tagebüchern von Che Guevara.

In „Revolution“ wurden seine Aufzeichnungen zur kubanischen Revolution adaptiert, in „Guerilla“ sein fehlgeschlagener Umsturzversuch in Bolivien.

Das Programm wird „abgerundet“ durch die Dokumentation “Havanna – Die neue Kunst, Ruinen zu bauen“ des deutschen Florian Borchmeyer.Diesen Film in diesem Kontext zu zeigen, ist hochironisch, denn er durfte nie auf Kuba gezeigt werden, weil er dann doch zu regimekritisch für das Festival ist.

Der Film wirkt wie ein Gegenentwurf zu der Schwemme von abgefilmten Kuba-Postkarten, in denen die Insel zu einem Jurassic-Park für Dokumentarfilmer wurde. Er zeigt die vielen Ruinen von Havanna nicht aus der Perspektive des faszinierten Europäers, sondern mit den Augen derer, die in ihnen wohnen und deren Land langsam zu einer Ruine zerfällt.