IN DEN KUNSTWERKEN
: Manni denkt an Beuys

Eigentlich saß er bloß noch und schwitzte

Ergraute Herren im Streifenhemd, versonnen lächelnde Damen mit Leinenkleidern und bunten Holzkugelketten und jede Menge in onanistischem Podiumsgelaber sich weiterbildender Nachwuchs schmorten im Dachgeschoss der Kunstwerke im eigenen Saft. Manni sprach mit Klaus Bußmann und Kasper König über die Geschichte der Skulptur Projekte Münster. Wie er dazu gekommen war, wusste er nicht mehr. Eigentlich saß er bloß noch und schwitzte, während Bußmann und König in Jugenderinnerungen schwelgten. An die Luxus-Unis der 60er (ein Prof auf fünf Studenten) und den traumhaften Arbeitsmarkt damals. Aber auch an die Bräsigkeit der Münsteraner Studenten, die Claes Oldenburgs „Large Balls“ ’77 gern in den Aasee gerollt hätten. Und über Beuys natürlich. Beuys und die schlechthinnige Fettecke! „Das Ende des 20. Jahrhunderts“ war nichts dagegen und auch nicht „Basisraum Nasse Wäsche“. Diese Ecke war echt fett: Unschlitt/Tallow (Wärmeskulptur auf Zeit hin angelegt). Talg, Chromel-Alumel-Thermo-Elemente mit Ausgleichsleitungen, Digitalmillivoltmeter, Wechselstromtransformator. Länge 9,55, Breite 3, Höhe 1,95 Meter. Ranziger Käse, sagten die anderen.

Beuys hatte „Unschlitt“ als Füllung für einen nutzlosen keilförmigen Raum unter einer Fußgängerüberführung konzipiert. Ein toter Winkel, eine architektonische Wunde, die es zu versorgen galt. Bienenwachs war zu teuer gewesen, und organisatorisch war das Ding ein Alptraum. Also wurde der Keil aus 24 Tonnen Stearin und Rindertalg in sechs Teile zerschnitten und erst im Lichthof des Westfälischen Landesmuseums und später im Hamburger Bahnhof abgestellt. Über seine eigentliche Bestimmung erfährt da natürlich keiner was, meckerte der kleine Beuys in Mannis Kopf. Aber dumm fragen darf man ja – so fängt doch jede Revolution an.

SASCHA JOSUWEIT