Kalte Nächte
: Am Billardtisch

Es ist schön, warm eingepackt im Kalten zu fahren

Ich fühle mich fertig und ein bisschen krank. Aus Protest gegen die Erkältung rauch ich trotzdem. Dann ist es elf Uhr in der Nacht. Draußen sind 12° unter null. Eine Stunde vertrödele ich damit, zu überlegen, ob ich zum Billard gehen sollte oder nicht. So wie ich am Tag zuvor auch nicht zum Fußball gegangen war.

Es wäre gut, hinauszugehen. Ich war ja den ganzen Tag kaum draußen. Bevor ich gehe, möchte ich dies eine Stück von Aphex Twin hören. Der CD-Player ist kaputt; der Anschluss meines Laptops hat einen Wackelkontakt. Ich mache die Playstation an und versuche eine Viertelstunde lang, die Playstation mit meiner Anlage zu verbinden. Es klappt nicht. Wahrscheinlich weil die Anlage noch aus den 70er Jahren ist, vielleicht auch, weil ich zu doof bin.

Ich höre die CD über den Fernseher. Das Stück klingt nicht mehr so schön wie vor fünf Jahren. Der Klang ist okay, es ist aber trotzdem irgendwie bescheuert. Ich reiße mich aus der Wohnung heraus. Es ist schön, warm eingepackt im Kalten zu fahren. Erst kurz vor dem Ziel beginnen die Hände zu frieren. Die Lieblingskellnerin hat eine neue Frisur und erzählt von einem jungen Billardspieler, fast noch ein Kind, und wie der am Nachmittag zu ihr gesagt hätte: „Du siehst aber schön aus!“

Der Schotte steht zum ersten Mal seit seiner Hüftoperation wieder am Billardtisch. Die neue Hüfte oder das, was in der Nähe ist, tut weh. Er sagt, er hätte diesen kleinen Text gelesen, in dem ich Schalke 04 erwähnt hatte und dass es wohl keine so gute Idee gewesen wäre, den Namen meiner Lieblingsmannschaft laut öffentlich auszusprechen. Das hatte die Konzentration behindert. Zwei Tage später hatten sie wieder versagt.

Es ist halb eins. B. geht nun wieder. Um sieben muss er aufstehen. Dann wird ihn die Reha holen. Die Reha ist wie Schule und dauert einen halben Tag.

DETLEF KUHLBRODT