Willkommen bei den Camemberts

EPISODENDRAMA In „Nichts zu verzollen“ macht sich Dany Boon als Regisseur, Autor und Hauptdarsteller wieder über die Vorurteile seiner Mitmenschen lustig und versucht so, seinen Erfolg mit den „Sch‘tis“ zu wiederholen

Dany Boon hat nicht gerade eine Fortsetzung von den „Sch‘tis“ gedreht, aber viele Elemente daraus tauchen in „Rien à déclarer“ wieder auf

VON WILFRIED HIPPEN

„Willkommen bei den Sch‘tis“ ist schwer zu toppen. Dany Boon hatte 2008 mit dieser Komödie einen riesigen Überraschungserfolg. 20 Millionen Zuschauer gingen alleine in Frankreich in die Kinos und inzwischen gibt es ein italienisches Remake. Aber was tun nach solch einem Treffer? Dany Boon hat nicht gerade eine Fortsetzung gedreht, aber viele Elemente des Vorgängers tauchen in „Rien à déclarer“ wieder auf. Auch hier gibt es wieder zwei Gruppen, die eine herzliche Abneigung miteinander verbindet. Statt der Pariser und der nördlichen Provinzler lässt Boon diesmal Franzosen und Belgier aufeinander stoßen.

Und zwar an einer Zollstation, die gerade abgewickelt werden soll. Der Film spielt in den Tagen, bevor das Schengener Abkommen in Kraft trat, durch das Zollkontrollen abgeschafft wurden. Entsprechend herrscht Weltuntergangsstimmung in einem kleinen Grenzort, dessen gesamte Ökonomie von der Zollstation abhängig ist. Besonders die Kneipe mit dem genau passenden Namen „No man‘s land“ wird durch das vereinigte Europa in seinen Grundfesten erschüttert, und in einem Nebenplot wird auch davon erzählt, wie die resolute Wirtin und ihr sanftmütiger Gatte sich neue, nicht immer legale Einkommensquellen suchen.

Aber im Mittelpunkt des Films stehen zwei Zöllner, die einen Kleinkrieg gegeneinander führen. Dem Belgier schwillt ständig der Kamm über die nur zum Teil imaginäre Arroganz der „Camemberts“, und der Franzose bestätigt diese Vorurteile seines Kollegen dadurch, dass er ihn einfach nicht für voll nimmt und sich über seinen komischen Akzent amüsiert.

Dany Boon, der hier als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller wieder einen lupenreinen Autorenfilm (vergleichbar mit Sylvester Stallones „Rocky“) produziert hat, spielt hier mit all seiner sehr gewinnenden Liebenswürdigkeit den Franzosen und auf den ersten Blick ist er auch der Sympathieträger des Films.

Aber seine Freundlichkeit hat immer auch etwas Herablassendes, und wenn er den Akzent der Belgier nachäfft, ist er eben genau der arrogante Franzose, der den Belgier zum Wahnsinn treibt. Diesen spielt Benoît Poelvoorde, der cholerische Anfälle hier zu einer Kunstform entwickelt. Ausgerechnet die beiden werden (auch, weil sie ihren Vorgesetzten mit ihrem Kleinkrieg auf die Nerven gehen) zum belgisch/französischen Streifendienst verknackt und köcheln in einem klapprigen Renault auf den Feldwegen der Grenzregion auf der Jagd nach Schmugglern vor sich hin. Der Erzählstrang um eine Drogengang ist mit recht derbem Humor in Szene gesetzt und besonders ein Kleinkrimineller scheitert extrem spektakulär und schmerzhaft. Bei diesen Szenen ist Boon längst nicht so sicher wie bei seiner Hauptgeschichte. Er scheint etwas auszuprobieren, wovon er selber auch nicht so recht überzeugt ist.

Am besten bleibt er, wenn er sich an das Erfolgsrezept seines früheren Films hält. So hat er auch hier wieder eine Liebesgeschichte eingebaut: sein kleiner französischer Grenzbeamter ist ausgerechnet in die Schwester seines belgischen Widersachers verliebt, und sein Schwiegervater in spe hasst natürlich die Franzosen noch viel extremer.

Ein wenig wirkt dies wie ein zweiter Aufguss, und die deutsche Synchronisation vergröbert wieder den Sprachwitz des Originals. Aber das hat auch bei den „Sch‘tis“ den Erfolg beim deutschen Publikum nicht geschmälert, und dass man sich hiermit einen ähnlichen Erfolg erhofft, wird schon darin deutlich, dass schon an einem deutschsprachigen Remake gebastelt wird. Dies soll dann an der bayrisch/österreichischen Grenze spielen. Hoffentlich gibt es dann für uns eine Fassung mit Untertiteln.