Close Encounter of the Digital Kind

SOMMERUNTERHALTUNG In „Super 8“ von J. J. Abrams wird mit modernster IMAX-Technik die Unschuld der frühen fantastischen Spielberg-Filme heraufbeschworen. Die Helden sind junge Filmemacher und E.T. ist diesmal nicht süß sondern sauer

VON WILFRIED HIPPEN

Dies ist wohl der am ehesten autobiographische Film von Steven Spielberg, und dabei spielt es kaum eine Rolle, dass er ihn nur produzierte und J. J. Abrams sowohl das Buch schrieb wie auch Regie führte. Abrams ist eines der treusten Ziehkinder von Spielberg, in dessen frühen Filmen er in Nebenrollen auftrat, bevor er sich als Regisseur von „Mission Impossible III“ und „Star Trek“, besonders aber als Produzent der Fernsehserie „Lost“ eine eigene Karriere bastelte. Abrams ist als Teil des Spielberg-Universums aufgewachsen und wie sein Mentor hat auch er als kleiner Junge mit seinen Schulfreunden Filme im 8mm Format gedreht.

Genau solch ein jugendliches Filmteam sind die Helden in „Super 8“ und in dem ehrgeizigen Charles kann man eindeutig ein Porträt des Künstlers als jungem Übergewichtigen erkennen. Er und seine Freunde wollen in den späten 70er Jahren auf „Super 8“ einen Zombiefilm drehen und ein verlassener Bahnhof scheint dafür ein idealer Drehort. Als dann bei den nächtlichen Dreharbeiten (die Eltern dürfen natürlich nichts davon wissen) auch noch ein Zug heran donnert, erkennt Charles als geborenes Regie-Talent sofort die Gelegenheit für spektakuläre Aufnahmen.

Doch der Zug entgleist, die Kinder versuchen den fliegenden Trümmern zu entkommen und die Kamera läuft auf dem Boden liegend weiter und nimmt Bilder auf, die eher denen des späteren Spielberg von „Krieg der Welten“ ähneln.

Dieser Zwiespalt ist es, der diese Sommerproduktion interessant macht. Als solche funktioniert er sehr effektiv, und anders als in den anderen Blockbustern der Saison wie „Green Lantern, „X-Man: First Class“ und „Transformers 3“ ist dies keine Aneinanderreihung von möglichst spektakulären Actionsequenzen. Und er ist zwar im digitalen IMAX-Format, das ein gestochen scharfes Bild garnatiert, jedoch nicht in 3D produziert worden, was ihn fast schon ein wenig anachronistisch wirken lässt, aber der Titel „Super 8 3D“ wäre auch ein Witz gewesen.

In der typischen Spielberg-Kleinstadt trifft der Club der jungen Amateurfilmer auf einen E.T., der nicht wie sein Vorgänger von einem Kind vor dem amerikanischen Militär (Spielbergs Lieblingsfeinde) gerettet wurde, und in deren Gefangenschaft extrem sauer wurde. Sein Raumschiff hat sich in Tausende von kleinen Kuben verwandelt (die nicht zufällig an die magischen Würfel erinnern), und der 12jährige Held Joe Lamb findet einen davon und nimmt ihn mit nach hause. Im klassischen Spielberg-Stil verwendet Abrams viel Zeit darauf, die Familienumstände seiner jungen Helden darzustellen. Joe hat gerade sein Mutter verloren, sein Vater ist einer der lokalen Polizisten und hegt einen Groll auf den Vater der 14jährigen Alice, die bei den Dreharbeiten der Freunde mitmacht und sich für Joe zu interessieren beginnt.

In diesen nostalgisch gezeichneten Mikrokosmos (mit viel Product-Placement für Filme und Kameras von Kodak, die schon längst nicht mehr fabriziert werden) dringt die Bedrohung von außen ein, und diese besteht eher aus den machtgierigen Militärs als aus dem Monster, das (wie einst der „weiße Hai“) bis zum letzten Akt vom Zuschauer eher geahnt als gesehen wird.

In den letzten zwanzig Minuten muss es dann aber gemäß den Konventionen des Genres ordentlich krachen, und Abrams lässt das erforderliche digitale Feuerwerk auch kompetent abbrennen. Doch auch hier lässt er nie die Kerngeschichte, die ihm offensichtlich mehr am Herzen liegt aus den Augen, und so werden die Helden nie zu reinen Funktionsträgern. Deshalb hat mitten im Inferno ein klassischer Spielberg-Satz wie „Wir werden jetzt unsere Kinder suchen!“ immer noch eine erstaunliche Wirkung.